Lüdenscheid. . Die Sportklinik Hellersen soll verkauft und der Verein Sporthilfe NRW aufgelöst werden. Geschäftsführerin des Spezialkrankenhauses entlassen. Landessportbund plant feindliche Übernahme der Sporthilfe.
Fußball-EM in Frankreich? Egal. Olympia in Brasilien? Weit weg. – Wortgefechte statt Wettkämpfe bestimmen aktuell die Situation in der Sporthilfe NRW und beim Landessportbund (LSB). Dabei geht es womöglich um alte Rechnungen zwischen Funktionären, aber in erster Linie um Geld. Um Millionenbeträge. Auslöser sind die anhaltenden Verluste der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid, deren Träger die Sporthilfe als eingetragener Verein ist – und der somit in der finanziellen Verpflichtung steht.
Nach Informationen der WESTFALENPOST sollen aktuell beim Bau des neuen OP-Trakts für das Spezialkrankenhaus Aufträge in Höhe von elf Millionen Euro vergeben worden sein – vom Wirtschaftsplan gedeckt soll aber nur eine Investitionssumme von vier Millionen Euro sein. Der LSB will jetzt finanziellen „Schaden von den Mitgliedern abwenden“.
In einem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, wendet sich LSB-Präsident Walter Schneeloch an die Mitglieder. „Es muss alles daran gesetzt werden, die aktuellen Gefahren für die Sporthilfe und den organisierten Sport in NRW insgesamt abzuwenden“, warnt Schneeloch darin eindringlich. Das LSB-Präsidium habe dazu in seiner Sitzung am 1. Juni klare Ziele definiert: Demnach solle die Sportklinik Hellersen „schnellstmöglich verkauft“ werden.
Bundesweit einmalig
Zur Begründung heißt es: „Der organisierte Vereinssport, aus dessen Beiträgen die Defizite der Klinik bislang ausgeglichen wurden, darf nicht länger als unbedingt notwendig weiter belastet werden.“ Die Sporthilfe habe eine Trendwende bei der Wirtschaftlichkeit des 260-Betten-Fachkrankenhauses nicht geschafft; die Konsolidierung sei „zehn Jahre lang angekündigt worden, aber nicht erreicht“. Das sieht die Sporthilfe offenbar anders: Sie wertet die Zuschüsse für den laufenden Klinikbetrieb ehr als Beitrag zur medizinischen Versorgung von Breiten- und Spitzensportlern. Aus ganz Deutschland.
Schneelochs Fazit hingegen: Es sei offensichtlich, dass der organisierte Sport keine Klinik führen könne – und es sei auch nicht seine Aufgabe. Die bundesweit einmalige Konstruktion – eine Sport-Organisation betreibt als selbstständiger Verein eine Spezialklinik für Sportverletzte – sei nicht mehr zeitgemäß. Weil die Sporthilfe nach einem Verkauf des Krankenhauses weitgehend ohne Aufgabe sei, die nicht auch der LSB übernehmen könne, solle der Verein ganz aufgelöst werden.
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Das große Problem des LSB: Er ist nicht Mitglied in der Sporthilfe, hat demzufolge auch keinen Sitz und keine Stimme in den Gremien. Allerdings sind die Mitglieder der Sporthilfe, die Stadt- und Kreissportbünde aus ganz NRW, auch Mitglieder des LSB. Über diese Schiene der Doppelmitgliedschaft versucht der LSB jetzt massiv Einfluss zu nehmen. Bis hin zu Personalvorschlägen: „Wählen Sie als neues Sporthilfepräsidium Mitglieder des Landessportbund-Präsidiums und -Vorstands“, empfiehlt Schneeloch – und schlägt gleich die Kandidaten namentlich vor: Stefan Klett, Reinhard Ulbrich, Gundolf Walaschewski, Dr. Christoph Niessen und Ilja Waßenhoven.
Die feindliche Übernahme durch den LSB soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Sporthilfe erfolgen; das Treffen findet am 29. Juni in Lüdenscheid statt.
Durchgesetzt haben die Versammlung eigentlich die vier südwestfälischen Kreissportbünde Siegen-Wittgenstein, Hochsauerland, Soest und Märkischer Kreis. Ihr Anlass: Das aktuelle Präsidium der Sporthilfe um Thomas Lang hat die Geschäftsführerin von Verein und Sportklinik, Wiebke Schandelle, abberufen; Schandelle hatte erst im März ihre Aufgabe in Lüdenscheid-Hellersen übernommen und stand personell für einen Neuanfang auch für den Betrieb des Klinikums. Ihre Ablösung hat die Sporthilfe in einer Pressemitteilung bestätigt: in genau zwei Sätzen. Gründe für die Abberufung werden darin nicht genannt.
Ringen um die Zukunft
Die Abberufung stößt zumindest den vier südwestfälischen Sportbünden sauer auf, die sich „nicht ausreichend informiert fühlen“, wie ein Verbandsfunktionär auf Nachfrage formulierte – und zu dem Schluss kommt: „Mit dem derzeitigen Präsidium kann es in der Sporthilfe nicht weitergehen.“
Bereits am morgigen Samstag tagt in Oberhausen die „Ständige Konferenz“ der NRW-Sporthilfe. Das Treffen dürfte zur Arena für hitzige Wortgefechte werden im Ringen um die Zukunft des Vereins. Und seines Fachkrankenhauses in Lüdenscheid-Hellersen.