Hagen/Hemer. . Die heimische Drahtindustrie fürchtet die Dominanz Chinas auf dem Stahlmarkt und ruft vor der Weltmesse „Wire“ nach gleichen Wettbewerbsbedingungen.

Der Industrie-Riese China entdeckt derzeit den Dienstleistungssektor. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Reich der Mitte dennoch ein Stahlgigant bleibt. Was die eigene Volkswirtschaft von der Produktion nicht benötigt, wird auf den Weltmarkt geworfen. Millionen von Tonnen. Zu Dumping-Preisen. Jahr für Jahr. Eine Entwicklung, die die heimische Drahtindustrie mit zunehmender Sorge verfolgt: Sie befürchtet, dass die gesamte Branche ungewollt, aber auch ungebremst in eine Abhängigkeit rutscht.

Die Initiative „Netzwerkdraht“, in der sich insgesamt 55 Unternehmen aus der Branche zusammengeschlossen haben, sucht jetzt den Draht zu den heimischen CDU-Parlamentariern, um deren Blick „für die Sorgen und Nöten der Branche zu schärfen“, wie Markus Giese, Geschäftsführer der Künne-Gruppe (Hemer, Altena) und Vorstand des Vereins „Netzwerkdraht“, formuliert. Es ist eine Warnung vor den unerwünschten Folgen der Globalisierung, die das Netzwerk ausspricht.

„Die Stahl-Ausfuhrquote von China ist enorm gestiegen“, sagt Markus Giese. In Zahlen: „Global betrug der Stahlverbrauch im letzten Jahr 1500 Millionen Tonnen. Davon hat China rund die Hälfte verbraucht. Das Land hat aber selbst eine Produktionskapazität von 1200 Millionen Tonnen Stahl“, so Giese.

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Ein Verhältnis, das die Überkapazitäten und den Preisverfall auf dem Weltmarkt verschärft habe. Mit Auswirkungen auf die Drahtindustrie in Südwestfalen. Denn die befindet sich in einer nicht immer angenehmen Sandwich-Position: zwischen den Stahlerzeugern, die die Preise für das Ausgangsmaterial diktieren, auf der einen Seite, und ihren Kunden (zumeist die Automobilindustrie), die die Kosten immer weiter drücken wollen, auf der anderen Seite.

Strafzölle in den USA

Die große Sorge: Langfristig könne eine unangefochtene Vormachtstellung Chinas als Stahllieferant zu „Versorgungsengpässen und Verteuerungen führen“, so Giese: Wenn Stahlerzeuger aus Europa und Amerika erst den Kampf aufgegeben hätten, sortiere sich der Markt neu.

Den Prozess beschleunigen könnte das Vorhaben der EU, die CO2-Zertifikate ab 2020 zu verteuern; das träfe die energieintensive Stahlbranche besonders. „China hat ganz andere Personalkosten und es gibt viel geringere Umweltauflagen“, verdeutlicht Stephan Szkudlapski, der den Verein „Netzwerkdraht“ berät, den einseitigen Wettbewerbsvorteil.

Dominiert China den Stahlmarkt endgültig, werden die Preise erheblich anziehen – und damit werde das Vormaterial für die Drahtverarbeiter deutlich teurer, schlägt das Netzwerk Alarm. Die eigenen Gewinnmargen schmölzen; Arbeitsplätze seien in Gefahr.

Eine Aussicht, die das „Netzwerkdraht“ nach „gleichen Wettbewerbsbedingungen“ rufen lässt. „Die USA arbeiten mit Strafzöllen“, verweisen Giese und Szkudlapski auf das Vorgehen auf der andere Seite des Atlantiks – während sich die EU anschickt, an China den Status einer Marktwirtschaft zu vergeben.

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Als Netzwerk erhoffen sie sich Gehör von den eingeladenen CDU-Parlamentariern. – Ob die dann Taten folgen lassen (können), wird sich zeigen müssen.