Hagen. . Marc Baron ist Pressechef bei Bitburger - und Schauspieler. Sein Herz schlägt für die Junge Bühne Hagen. Jetzt nimmt er das Publikum mit auf eine Busfahrt
Nein, es steht kein Pilsglas auf dem Tisch im Hagener Theatercafé. Marc Baron hat stattdessen einen Helm im Gepäck. Mit erst 29 Jahren ist der Gevelsberger seit Januar Pressechef bei Bitburger. Eine fantastische Karriere, zu der pro Monat auch 80 Liter Haustrunk gehören. Doch derzeit geht Baron seiner zweiten Leidenschaft nach. Er spielt im Lutz des Theaters Hagen die Hauptrolle in dem Stück „Ein Helm“, das in einem fahrenden Bus gegeben wird.
Mit Sabin Tambrea und Dominik Hahn gehört Marc Baron zu den Lutz-Darstellern der ersten Generation. Vor 14 Jahren hat er erstmals in Hagen Theaterluft geschnuppert. Alle von damals sind etwas geworden. Sabin Tambrea Schauspieler, Dominik Hahn Schlagzeuger (gerade erst war er mit Götz Alsmann auf Tournee), und Marc Baron Journalist.
Lernen für die Realität
Liegt dieser Erfolg am Lutz? „Die Möglichkeit zu bekommen, mit 16 auf die Bühne zu gehen und sich auszuprobieren, die ist toll. Das hat mich wirklich geprägt. Und das hat sehr, sehr großen Einfluss auf das Berufsleben.“ Beim Theater lernt man also für die Realität. „2005 und 2006 durfte ich beim Weihnachtsmärchen auf die große Bühne. 38 Vorstellungen in drei Wochen, da muss man einfach funktionieren, denn die Kinder erwarten, dass man Höchstleistung bringt. Das kommt mir zugute.“
Auch interessant
Immer wieder zieht es Marc Baron zurück an das Hagener Lutz. Seit zehn Jahren treibt er im Advent mit Dominik Hahn den Besuchern in der Komödie „Der Messias“ die Lachtränen in die Augen. Und nun das große Solo mit „Ein Helm“: Stört seine Theaterbegeisterung die Brauerei als Arbeitgeber nicht? „Ich glaube, sie finden das gut. Ich muss mir keinen Urlaub nehmen, sondern kann Home Office machen, um dann abends zu spielen.“ Trotz Karriere beim Weltkonzern in der Eifel bleibt Gevelsberg der Lebensmittelpunkt von Marc Baron. „Ich bin sehr heimatverbunden und engagiere mich auch im Kirmesverein.“
Für das 15-Jahr-Jubiläum der Jungen Bühne haben die besten Autoren Deutschlands neue Stücke geschrieben. Eines davon ist „Ein Helm“ von Finn-Ole Heinrich. So ein Theater gab es in Hagen noch nie. Das Publikum fährt auf den Spuren von 19 .000 Gullydeckeln im Bus durch die Stadt, lernt Kanalbetriebsarbeiter Elmar Wenderoth kennen und kann sogar durch eine Litfaßsäule am Hauptbahnhof in das Kanalsystem einsteigen – ausgerüstet mit Handschuhen und Selbstrettern.
Bewegendes Theater im Wortsinn
Marc Baron ist dabei der Reiseführer Thilo Stolze-Stadermann, der ehrenamtlich für den Kulturverein Gullylogie die Rundfahrten betreut. Der 29-Jährige lässt seinen Text behutsam zur ergreifenden Seelenbeichte heranreifen. Zunächst denken die Fahrgäste: Was ist das denn für ein Spinner, der keinen Job und keine Frau abgekriegt hat, weil er mit einem Helm auf dem Kopf herumläuft? Dann schleicht sich die Erkenntnis ein, dass dieser Helm, das verstörende Zeichen des Andersseins, für Thilo eine Glaubenssache ist. Und im furiosen Schlussmonolog erlebt man einen verletzten Menschen auf der Suche nach dem Vater. Busfahrer Philippe Staat von der Hagener Straßenbahn hat Spaß am Steuer der rollenden Bühne: „Das ist aufregend, mal was anderes. Das ist bewegendes Theater im Wortsinn.“
Für Marc Baron ist dieses Ein-Mann-Stück ein Höhepunkt seines Engagements für das Lutz. Elf Seiten Text musste er auswendig lernen, und die gestaltet er auf den Straßen Hagens mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Neue Wege zu beschreiten, das hat von Anfang an zum Konzept der Jungen Bühne gehört. Mut und Vielfalt sind die Stichworte, unter denen Lutz-Gründer Werner Hahn mit seinen Akteuren die Stadt ohne Berührungsängste theatralisch erkundet. Viele Begegnungen sind so entstanden und viele Freundschaften. „Mit Sabin Tambrea habe ich beim Studium in Berlin zusammen gewohnt, das war die verrückteste Wohngemeinschaft überhaupt. Er hat bis vier Uhr morgens am Klavier komponiert und sich dann vor dem Schlafengehen noch eine Pizza in den Ofen geschoben, und ich musste um 8 Uhr raus zur Axel-Springer-Journalistenschule.“
Die Vorstellung, dass das Theater Hagen eines Tages unter den Rotstiftforderungen der Politik zerbricht, die ängstigt Marc Baron. „Wird nicht der Stadt das Herz aus dem Leib gerissen, wenn man sagt: Wir wollen uns die Kultur sparen.“