Wiemeringhausen. . Wolfram Schweizer tüftelt in jeder freien Minute am „Erlkönig“. Der Schlitten soll Jacqueline Lölling 2018 bei den Olympischen Spielen durch den Eiskanal tragen – am besten zu einer Medaille. Wie Schweizer seine Tricks hütet.
Fünf Minuten, zehn Minuten? Wolfram Schweizer grinst, als er erklärt, warum er so genau fragte, wann sein Besuch einträfe. „Ich musste noch aufräumen“, sagt er – wohl wissend, dass seine drei Kellerräume, die ihm als Werkstatt dienen, aufgeräumt anders aussehen. Doch Wolfram Schweizer ging es nicht um vielleicht umherliegende Schraubenschlüssel oder sichtbare Getränkekisten: Er ließ Teile verschwinden, wichtige Teile seines neuesten (Geheim-)Projekts.
Der Chefmechaniker der deutschen Skeletonis baut im Hochsauerland an einem neuen Skeletonschlitten – an einem möglichst perfekten, auf dem Jacqueline Lölling bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang um die Medaillen mitfahren soll.
„Das macht so wahnsinnig viel Spaß“, erzählt Schweizer über das vergangene halbe Jahr und die bevorstehenden Monate, eventuell Jahre. Nach der Weltmeisterschaft in Winterberg, bei der Lölling, die Pilotin der RSG Hochsauerland, deren Vorsitzender Schweizer ist, sensationell zur Silbermedaille raste, startete der 52-Jährige das Projekt. In jeder freien Minute und teilweise bis tief in die Nacht tüftelt er seit dem an dem Schlitten, dem „Erlkönig“, wie Schweizer und Lölling ihn nennen.
Folie verwischt die Konturen
Nach Jahren des Wartens und Optimierens der „alten“ bis zu 7500 Euro teuren Geräte treibt Schweizer der Reiz des Neuen an. Er stellt Teile selbst her, er verwirft Ideen und probiert andere aus, er testet gemeinsam mit Lölling. „Für mich ist das eine ganz besondere Herausforderung“, erklärt die 20-jährige Athletin aus Brachbach. „Aber Wolfgang verfügt über einen riesigen Erfahrungsschatz, ist sehr ehrgeizig und verfolgt seine Ziele.“
Die nationale und internationale Konkurrenz beäugt die Entwicklungsarbeit des Duos deshalb sehr genau. Damit bei den Testfahrten nicht zu viel ausspioniert werden kann, bedient sich Schweizer unter anderem eines bekannten Tricks aus der Autoindustrie: Die Verkleidung des Schlittens ist überzogen mit einer speziellen Folie, welche die Konturen verwischt. „Die Aerodynamik ist schließlich ein wichtiger Aspekt bei den Schlitten“, erklärt der Sauerländer.
Welche Neuerungen Jacqueline Lölling den entscheidenden Vorteil im Kopfüber-Kampf um die schnellste Rennzeit bringen sollen, verrät der Profi natürlich nicht. Innerhalb der Regeln des Internationalen Bob- und Skeleton-Verbandes sind der Fantasie jedoch keine Grenzen gesetzt. „Ich möchte zum Beispiel für jede Art von Bahn ein eigenes Set-up entwickeln“, sagt Schweizer mit Blick auf die Rahmentechnik. Auf der Gleiterbahn in Winterberg sind bekanntlich andere Elemente gefordert als in Altenberg, wo extrem hohe Druckkurven zu durchfahren sind.
Dort beginnt für Jacqueline Lölling in dieser Woche ihre Premieren-Saison im Weltcup. „Ich fühle mich fit“, sagt die Pilotin voller Vorfreude. Statt des „Erlkönigs“ trägt ihr Silberschlitten sie allerdings während der Raserei in der internationalen Rennserie. „Einige Teile sind noch nicht fertig“, erklärt Wolfram Schweizer, den die ersten Tests immer noch begeistern.
Das geheimste Geheimversteck
„Wir waren zu diesem frühen Zeitpunkt der Entwicklung mit dem neuen Schlitten teilweise schneller als mit dem alten“, sagt er, während sein Blick über einen an der Wand hängenden Konstruktionsplan eines Skeletonschlittens schweift. Vergessen zu verstecken? „Nein“, antwortet er lachend. „Das ist nicht der für den Erlkönig – der ist nur in meinem Kopf.“ Im geheimsten aller Geheimverstecke.