Hagen/Arnsberg. . Pegel der Flüsse sinken weiter, Niederschläge sind auch nicht in Sicht. Talsperren noch zu 65 Prozent gefüllt, Versorgung mit Trinkwasser gesichert.
Höhere Mathematik ist das nicht. 3700 Liter fließen aktuell pro Sekunde in die Talsperren im Sauerland. 10 800 Liter werden pro Sekunde abgegeben. Unterm Strich ein Minus von 7100 Litern. Pro Sekunde.
Wer sich in der Wasserwirtschaft nicht auskennt, der hätte unruhige Nächte. Warum? Weil die Trinkwasserversorgung so auf Dauer nicht gut gehen kann. Jeder kann sich ausrechnen, wann Mann und Maus auf dem Trockenen sitzen.
Nervosität ist beim Ruhrverband in Essen in diesen Tagen ein Fremdwort. Für die Experten ist der Pegel der Talsperren und Flüsse kein Grund zur Beunruhigung. „Die Lage ist nicht dramatisch“, sagt Pressesprecher Markus Rüdel. „Wir haben den Regen noch nicht abgeschrieben. Im Winter rechnen wir fest damit.“ Gegenwärtig seien die Talsperren zu 65,1 Prozent gefüllt, Tendenz fallend. Gleichwohl sei vorerst mit Engpässen nicht zu rechnen. „Nicht zuletzt lagen wir Ende Oktober nur neun Prozent unter dem langjährigen Mittel.“
Wasserstand 18 Zentimeter
Ein Blick ins Land spricht gefühlt eine andere Sprache. Flüsse wie die Volme und Lenne verwandeln sich in Rinnsale, die Natur erobert sich Stück für Stück das Flussbett zurück. Belege? Der Wasserstand der Lenne in Altena beträgt 18 Zentimeter, die Sorpe kommt bei Amecke auf 16 Zentimeter, und die Ruhr in Arnsberg-Oeventrop pendelt sich bei 39 Zentimetern ein. Selbst in Hagen lässt sich an vielen Stellen die Volme ohne Problem durchqueren.
Und auch die Kameras an der Versetalsperre, der Sorpetalsperre oder der Hennetalsperre liefern Bilder, die eine deutliche Sprache sprechen. Die Uferstreifen gehen rasant in die Tiefe. Vergessen wir nicht, wir haben Mitte November. Der Monat, der stets für reichlich Niederschläge gesorgt hat. Das war einmal. Die Regenzeiten haben sich gewandelt. „Im Juni, Juli und August hatten wir überdurchschnittliche Regenmengen, im Oktober und bisher im November ausesprochen wenig“, weiß Rüdel.
Kanuten ohne Wildwasserstrecke
Der niedrige Wasserstand der Lenne bereitet besonders den Mitgliedern vom Kanu-Club Hohenlimburg Kopfzerbrechen. „Wir können auf der Wildwasserstrecke nicht trainieren“, sagt der Vorsitzende und Cheftrainer Siegfried Schulte. „Da fahren wir die Boote kaputt.“ Über das fehlende Wasser kann der 74-Jährige nur staunen: „Das hatten wir zu dieser Jahreszeit noch nie.“
Die Boote liegen auf dem Trockenen. Was macht das Niedrigwasser mit den Fischen? „Für Fische ist das im November in der Regel kein Problem“, sagt Peter Schütz, Sprecher des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Recklinghausen. „Der Sauerstoffgehalt ist bei diesen Temperaturen im Wasser hoch genug. Probleme hätten sie, wenn das Wasser wärmer und der Sauerstoffgehalt geringer wären.“ Nur bei einem ausgetrockneten Flussbett „sterben sie“.
Lachs kann nicht laichen
Und doch, einen Problem-Fisch gibt es . „Der Lachs“, so Schütz, „ist ein Langdistanz-Wasserfisch und wandert normalerweise zu dieser Zeit flussaufwärts, um zu laichen. Das macht er im Moment nicht, er wartet ab. Zu wenig Wasser.“ Die Konsequenz, wenn es so bleibt? „Nächstes Jahr wird es weniger Lachse geben.“
Hoffnung auf mehr Regen können die Meteorologen nicht machen. Heute ziehen dichte Wolkenfelder durch, vereinzelt nieselt es. Und Freitag? Nicht viel nasser. Die Folge: Das Minus der Wasserversorgung bleibt mangels Zufluss. Wie eingangs gesagt: jede Sekunde 7100 Liter. Eine Zahl, die beim Blick nach oben hängen bleibt.