Arnsberg. . Wisente halten sich nicht nur in dem für das Artenschutzprojekt geplanten Raum auf. Landgericht Arnsberg legt dem Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein auf, dass Eindringen in Schmallenberger Wälder zu verhindern.

  • Prozess um freilaufende Wisente
  • Erfolg für Waldbauern
  • „Hausaufgaben“ für Trägerverein

Tierforscher haben beobachtet, dass Kämpfe in einer Wisentherde ausgesprochen selten sind. Dieses Sozialverhalten lässt sich nicht auf die Menschen übertragen, insbesondere offenbar nicht auf diejenigen, die mit dem in Westeuropa einzigartigen Wisent-Auswilderungsprojekt im Wittgensteiner Land in Berührung kommen. Der Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein und zwei Waldbauern aus dem Schmallenberger Sauerland bekämpfen sich vor Gericht. Im Sommer scheiterte eine gütliche Einigung, gestern ging es vor dem Landgericht Arnsberg weiter. Mit einem für die Projekt-Macher ernüchternden Urteil.

Die 2. Zivilkammer verurteilte den Trägerverein dazu, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, damit die Tiere nicht mehr die Grundstücke der klagenden Waldbauern betreten und Schäden anrichten.

Rechte privater Grundeigentümer

„Das Gericht hat festgestellt, dass die Rechte der privaten Grundeigentümer höher zu bewerten sind als die Schutzaufgabe innerhalb des Wisent-Projektes“, jubelt Hans-Jürgen Thies, Anwalt des Waldbauern Georg Feldmann-Schütte. Für ihn ist das Projekt „in dieser Form gescheitert“. Davon wollen die Vertreter des Trägervereins nichts wissen. „Das Urteil ist nicht das Ende“, sagt ein enttäuschter Johannes Röhl, Forstdirektor der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer. Nach wie vor vertrete man die Ansicht, dass eine komplette Umzäunung den Bestimmungen des Naturschutzes widerspricht.

Der große Alfred Brehm schrieb einst in seinem „Tierleben“, dass „uns der Wisent mit seinem schweren Kopf und seinem mächtig entwickelten Vorderteil als ein Bild urwüchsiger Kraft erscheint.“ Sein schwerer Kopf ist gleichzeitig auch ein eigener Kopf – der frei lebende Koloss von Wittgenstein ist nicht, wie von Forschern prophezeit, mit seinen Artgenossen in den Wäldern von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg geblieben.

Auf Wanderschaft

Sie wandern nahe des Rothaarsteigs auch in den Schmallenberger Raum (mittlerweile auch in den Kreis Olpe) und lassen sich dort Baumrinden schmecken. „Aus Gründen, die wir Menschen nicht kennen, haben sie eine Präferenz für das Schmallenberger Land entwickelt“, sagt Anwalt Thies. „Womöglich, weil es in der Toskana des Sauerlandes um zwei Grad wärmer ist als in Wittgenstein.“

Die Natur hat eben ihre eigenen Gesetze. Und doch muss sich der Trägerverein jetzt verschärft Gedanken machen, wie das Projekt rechtskonform geführt werden kann. man in Zukunft verhindert, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Einer Argumentation jedenfalls, nach der eine ausgewilderte und also freilaufende Herde nicht beherrschbar ist, will sich Richter Jörg Maus nicht anschließen. „Man kann nicht einen herrenlosen Löwen einfangen und aussetzen – und anschließend sagen: ,Ich bin jetzt aus der Verantwortung.“ Zu berücksichtigen seien auch die wirtschaftlichen Belange der Waldbauern. „Ich kann Ihnen nur raten im Dialog zu bleiben“, sagt Richter Maus am Ende der Verhandlung. „Das ist alles, was wir für Sie tun können.“ Damit die Kämpfe bald ein Ende haben.