Siegen. Konjunkturumfrage der IHK Siegen: Autozulieferer im Ungewissen, ob Kosteneinsparungen nach unten durchgereicht werden. Auch Flüchtlinge sind Thema.

Der wachsende Zuzug von Flüchtlingen auch nach Südwestfalen sollte weniger als Krise, sondern eher als Chance wahrgenommen werden. Dazu hat die Industrie- und Handelskammer Siegen aufgerufen. „Der Zuzug von Flüchtlingen bedeutet auch eine Bedarfssteigerung für etliche Branchen“, sagte Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener bei der Vorlage der jüngsten Konjunkturumfrage, in der die Unternehmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe über eine zufriedenstellende Lage, aber eingetrübte Aussichten berichteten: „Flüchtlinge brauchen ein Dach über dem Kopf, sie brauchen Kleidung und Essen. Das eröffnet Chancen für den Wohnungs- und Versorgungsbereich.“

Gegenrechnung

Aber es sei zu früh, jetzt schon von einem Schub für die Konjunktur auszugehen. „Wenn Verbraucher eine Krise wahrnehmen, dann konsumieren sie weniger langlebige Gebrauchsgüter wie Möbel“, berichtete Gräbener. Das müsse man abwarten und gegenrechnen.

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Nach Auffassung der IHK-Verantwortlichen bietet der Flüchtlings-Zustrom außerdem die Chance, die sich in der Region abzeichnende demografische Lücke auszugleichen. Die Hälfte derer, die kämen, seien unter 25. Ob die vielen jungen Zuwanderer jedoch mittel- und langfristig die Sozialsysteme entlasten könnten hänge davon ab, „wie schnell und wie effektiv Flüchtlinge in das Beschäftigungssystem einmünden“, betonte Kammerpräsident Felix G. Hensel. Er sei bei allem guten Willen der Wirtschaft, zu helfen, skeptisch, was schnelle Lösungen bei der Integration angehe. „Es wird eine gewisse Ernüchterung eintreten.“

Dass es vor allem teuer wird, glaubt Klaus Gräbener. Es werde ein „Kraftakt“ für Schulen und Ausbildungsbetriebe. „Das wird auch den Mindestlohn in Frage stellen“, ist er überzeugt: „Wer auf den Arbeitsmarkt drängt, sind gering Qualifizierte, das ist nicht der syrische Arzt.“ Seiner Auffassung nach wird in der Folge die Arbeitslosigkeit kurzfristig nach oben gehen und die Kosten für die Arbeitsmarktpolitik werden deutlich steigen. „Da geht es um Milliarden.“

Probleme beim Russland-Geschäft

Auch wenn die Geschäfte vor allem von Dienstleistern, Bauunternehmen und überraschenderweise Einzelhändlern deutlich besser eingestuft werden als zu Jahresbeginn: Die Konjunkturumfrage der Siegener Kammer im September ist schon geprägt von der Unsicherheit vieler Industriebetriebe, ob und wie sich die VW-Krise auswirkt - auch auf das Gütesiegel Made in Germany. Vor allem Autozulieferer aus dem Kreis Olpe zeigten sich der Kammer zufolge angespannt, ob die in Wolfsburg anstehenden Kosteneinsparungen und Produktionseinschränkungen (Phaeton) weitergereicht werden. Einige vorwiegend im Kreis Siegen-Wittgenstein ansässigen Anlagenbauer und Walzenhersteller seien wegen der weltweiten Überkapazitäten im Stahlmarkt zurückhaltend bei ihren Erwartungen, Gießereien sorgten sich wegen niedriger Margen.

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Und im Russland-Geschäft tätige Firmen befürchteten weitere Nachfrageausfälle. Einige Betriebe im Kammerbezirk hätten bereits Kurzarbeit angemeldet, berichtete Gräbener. Die meisten von ihnen sähen aber bereits Licht am Ende des Tunnel.

Folgeaufträge fehlen

Mehr als ein Drittel der Betriebe beschrieben ihre Situation als gut. „Etlichen fehlen aber die Folgeaufträge, um auf mittlere Sicht besser durchstarten zu können“, erklärte Felix Hensel. Anfang des Jahres habe sich die regionale Wirtschaft eine stärkere Dynamik erhofft.