Hagen. . Betriebsräte fürchten, dass die Suche nach Einsparmöglichkeiten nun neu beginnen könnte. Das Krisenmanagement des Konzerns wird in der Region genau beobachtet.
Die dunklen Wolken über der VW-Zentrale in Wolfsburg könnten auch nach Südwestfalen ziehen. In der Region der mittelständischen Zulieferer schauen in diesen Tagen nicht nur Firmenchefs gespannt und besorgt auf das Krisenmanagement in Niedersachsen. Die Ereignisse bei VW haben auch Unruhe in die Belegschaften gebracht. Keine Weltuntergangsstimmung, aber Nachdenklichkeit. Und es ist auch nur eine relative Erleichterung zu wissen, dass der Großteil der Firmen in der Region Karosserie- und Fahrwerksteile zuliefert und keine Komponenten für die Abgasanlage eines Dieselfahrzeugs.
Befürchtungen
„Es ist eine gewisse Verunsicherung zu spüren“, bestätigt beispielsweise Paul Hellmann vom Betriebsrat des Licht- und Elektronikspezialisten Hella in Lippstadt, der allein am Stammsitz mehr als 5000 Menschen beschäftigt. Es machten Befürchtungen die Runde, so sagt er, dass sich die VW-Krise auf die Auftragslage auswirken und zur Suche nach „Einsparpotenzialen“ führen könnte.
Zwickmühle
„Wir schauen aufmerksam hin“, betont Hella-Sprecher Dr. Markus Richter. Die deutschen Hersteller inklusive VW machen bei Hella 50 Prozent des Umsatzes aus - da muss man „sehen, wohin sich das alles entwickelt“, so Richter. Hella fertigt Scheinwerfer, Heckleuchten, Innenleuchten, Funkschlüssel, Steuergeräte (nicht das, was Volkswagen jetzt in Verruf gebracht hat) und vieles mehr. Der Hella-Sprecher hat noch keine Auswirkungen auf den Absatz festgestellt, schließt aber Verschiebungen nicht aus.
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Dabei befinden sich die Zulieferer durchaus in der Zwickmühle: Allzu laute oder gar scharfe kritische Töne gegenüber VW als Auftraggeber wird es öffentlich kaum zu hören geben – schließlich will kein Unternehmen den Wolfsburger Autoriesen als Abnehmer und Kunden vergraulen. Und im Zweifel werden die Zulieferer auch beim Anruf aus der Autostadt bereit sein, über eine neue Mengenplanung zu sprechen. Schenkt man Branchenkennern Glauben, dann gibt es derzeit bei Zulieferern aber noch keine operative Hektik. Das Dilemma umschreibt ein Insider so: „Wir können uns auf nichts einstellen, weil wir nicht wissen, worauf wir uns einstellen sollen“.
Skeptisch zeigt sich Dr. Hans-Toni Junius, Vorsitzender der Geschäftsführung der C.D. Wälzholz KG: „Ich gehe davon aus, dass die Verbraucher vor dem Hintergrund der aktuellen Nachrichten zögern werden, bevor sie sich ein neues Auto kaufen.“ Junius erwartet angesichts des VW-Skandals einen temporären Einbruch der Konjunktur. Die Autozulieferer seien gut beraten, sich darauf einzurichten, „dass diese konjunkturelle Delle mehrere Monate anhält“.
Auswirkungen
Die Wilnsdorfer Unternehmensgruppe Meleghy Automotive liefert Karosserieteile an VW. „Wir sind ernsthaft besorgt“, sagt Geschäftsführer Dr. Thomas Werle. Es sei noch nicht absehbar, welche Auswirkungen das VW-Desaster auf die Zuliefererbranche habe. Vorsorglich habe man bereits den Plan gefasst, „Wachstumsinvestitionen vorsichtiger anzugehen als ursprünglich geplant“, ergänzt er.
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Optimistischer zeigt sich der Mendener Abgasreinigungsspezialist HJS. Firmenchef Hermann J. Schulte glaubt nicht daran, dass die VW-Affäre mittel- oder langfristig Arbeitsplätze in seinem Haus kosten könnte. „Im Gegenteil: Durch die Ereignisse rückt unsere Dieselabgastechnologie noch mehr in den Fokus.“ Sie werde in Zukunft mehr denn je integraler Bestandteil eines Diesel-Motors sein - „und nicht mehr nur ein Anhängsel“..
Nur „minimale Veränderungen für einen absehbaren Zeitraum“ erwartet Carl-Michael Schulte, Mitinhaber von Bandstahl Schulte aus Hagen. „Wir produzieren Bandstahl, der zu Kupplungsteilen oder Motoraufhängungen gemacht wird. 50 Prozent unserer Produkte landen im Auto“, berichtet Schulte. „Ich glaube nicht, dass der Absatz über längere Zeit einbricht.“
„Wenn ein Zulieferer von Dieselkomponenten abhängig ist, kann ihm das schaden, uns nicht“, sagt dagegen Arndt Kirchhoff, Geschäftsführer von Kirchhoff Automotive. VW ist bei Kirchhoff einer von vielen Kunden. Arndt Kirchhoff gibt sich daher entspannt: „Wenn ein Kunde keinen VW mehr kauft, dann kauft er eben ein anderes Auto. Uns ist das egal.“