Iserlohn. . VW-Skandal: Prof. Bernd Bartunek von der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn sieht das Problem nicht im Antrieb, sondern in krimineller Energie

Motorenspezialist Prof. Bartunek von der Fachhochschule Südwestfalen: Niemand braucht sich für sein Diesel-Fahrzeug zu schämen. Es ist effizient und schadstoffarm, wenn man die Technik, die vorhanden ist, arbeiten lässt.

Das Problem ist der immer höhere Aufwand für die Abgasnachbehandlung.

Nein, Fahrer eines Diesel-Pkw müssen nicht in Sack und Asche gehen und sich in Grund und Boden schämen für ihr Auto. „Der Diesel ist nach wie vor ein hocheffizientes und schadstoffarmes Auto“. Wer so etwas mitten in dem Erdbeben behauptet, das die VW-Abgastrickserei ausgelöst hat, sollte wissen, wovon er spricht. Davon ist bei Prof. Bernd Bartunek, Motorenentwickler am Fachbereich Maschinenbau der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn, jedoch auszugehen.

Die Diskussion

Bartunek möchte die Diskussion versachlichen, wie er sagt. Aus seiner Sicht steckt das Problem nicht im Dieselantrieb und seinen Möglichkeiten, sondern im Kostendruck der Branche, der dazu geführt hat, die Autos trotz strengerer Gesetze in den US-Markt einführen zu wollen: „VW hat eine Entwicklungssoftware in Serie übernommen, bei der im Alltagsbetrieb der Modus der Abgasnachbehandlung ausgeschaltet ist. Dahinter steckt kriminelle Energie“, ist er überzeugt. Jetzt müsse schnell ermittelt werden, wer das verursacht habe und wer dafür verantwortlich sei.

Sein Credo: Keinem Diesel-Kunden sei durch die Machenschaften ein persönlicher Schaden entstanden, aufgrund dessen der Autohersteller verpflichtet sei, über die kostenlose Nachrüstung hinaus Schadensersatz zu zahlen. Im Gegenteil: Die höheren Abgaswerte, im Wesentlichen Stickoxide, hätten ja letztendlich zu niedrigeren Verbräuchen, etwa fünf Prozent, und damit geringeren Kosten geführt. Es sei ein umweltpolitischer, also volkswirtschaftlicher Schaden entstanden, so Bartunek, von Haus aus Entwickler und Spezialist für alternative Kraftstoffe und Antriebe.

Der Gesetzgeber

Aber der Reihe nach: Das gesetzgeberische Verfahren sagt, das Emissionsverhalten müsse in Tests ermittelt werden. Die sogenannten Zyklus-Emissionen werden danach bestimmt und müssen eingehalten werden. Dabei unterscheidet sich der europäische Fahrzyklus sehr vom US-amerikanischen. „Der US-Zyklus ist härter, mit strengeren Grenzwerten“, so der Experte. Die Tests seien schwieriger einzuhalten. Die Hersteller stehen immer vor der Frage: Lieber höhere Stickoxid-Emissionen bei niedrigem Verbrauch zulassen oder umgekehrt. Dem Wissenschaftler zufolge geht die Tendenz derzeit weg von den Rollenprüfständen und hin zu Praxistests – die Änderung tritt bereits 2017 in Kraft.

Bartunek, der lange Zeit in den USA gearbeitet hat, verweist auf die Fortschritte in der Motorenentwicklung. Der „Quantensprung“ beim Ottomotor sei der Drei-Wege-Katalysator gewesen, mit dem man die schädlichen Emissionen „fast auf die Null-Linie“ gebracht habe. Der Quantensprung beim Diesel sei die Hochdruckeinspritzung, die eine sportliche Leistungsentfaltung erst möglich gemacht habe. Dabei sei VW Vorreiter gewesen; Mercedes und BMW hätten nachgezogen.

Der Ottomotor

Wermutstropfen für die Fahrer von Ottomotoren, die sich jetzt als Umweltretter gebärden: An der Volllastgrenze wird hier das Kraftstoff-Luft-Gemisch automatisch angefettet und produziert höhere Abgaswerte. „Der Ottomotor hat seine Grenzen beim CO2-Ausstoß, die Grenzen des Diesels liegen im immer höheren Aufwand für die Abgasnachbehandlung. Dabei muss auch der Diesel bei sich verschärfender Gesetzgebung bei Stickoxiden auf ein Niveau kommen, das dem des Ottomotors entspricht“, umreißt der Professor das Problem. „Es wird teurer.“

Sein Plädoyer: Die Kirche im Dorf lassen. „Die Technik, die das Problem löst, ist installiert und sie funktioniert. Man muss sie nur arbeiten lassen.“ Welches Auto er privat fährt? Einen BMW 525 Diesel. Euro 4-Norm. Noch ohne Stickoxid-Nachbehandlung.