Siegen. . Über den Fachkräftemangel in der Region Südwestfalen wird viel geredet. In wenigen Jahren sollen aufgrund des demografischen Wandels allein 50.000 Menschen im erwerbsfähigen Alter fehlen, sagt eine neue Studie der Universität Siegen. Lösung: Zuwanderer sollen die Lücken vor allem in der Metallbranche sowie in der Pflege schließen. Studienautor Uwe Hunger sieht in den relativ niedrigen Lebenshaltungskosten in der Region eine Chance, Zuwanderer vor allem in schlecht bezahlte Pflegeberufe zu locken.

Ein Ärztehaus in der nächsten Kreisstadt anstelle des Hausarztes im Dorf. Ein Bulli, der zur medizinischen Versorgung aufs Land fährt. Unternehmen, die auf ihrem Betriebsgelände nicht nur einen Kindergarten, sondern auch ein Pflegeheim anbieten – zur Versorgung nächster Angehöriger. Das ist keine Utopie mehr, das könnte in wenigen Jahren Realität sein. Das ist eines der Ergebnisse einer neuen Studie des Forschungskollegs der Universität Siegen zum demografischen Wandel in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe, die sich nach den Worten von Projektleiter Dr. Uwe Hunger „in den anderen Kreisen Südwestfalens ähnlich darstellt – im Märkischen Kreis sogar noch kritischer.“

Worum es geht

Es geht laut Harald Peter, Vorstand der Sparkassen-Stiftung „Zukunft“ und Förderer der Studie um nichts weniger als „die Existenz der Region“. Bis 2025 werde es rund 22 Prozent weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in den Betrieben geben, in manchen Branchen seien es bis zu 40 Prozent. Bis zum Jahr 2030 fehlten den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe bis zu 50 000 Menschen im erwerbsfähigen Alter. Neben der Metallindustrie seien die Gesundheits- und Pflegebranche betroffen – die Zahl der Pflegefälle steige.

„In zwei bis drei Jahren haben wir einen großen Fachkräftemangel“, betonte Hunger. „Dann scheiden mehr aus, als sich bewerben.“ Bereits heute müssten viele Betriebe schlechter qualifizierte Bewerber in die engere Wahl nehmen.

Konsequenzen

„Die Region kommt ohne Zuwanderung von außen nicht aus“, so die zentrale Forderung der Studie. Und da es die Migranten eher in die Ballungsräume ziehe, müsse man sich mit einer Willkommenskultur um sie bemühen und gleichzeitig die Vorzüge der Region stärker herausstellen. Und die Bevölkerung mitnehmen. „Ohne Zuzug verliert die Region Substanz und Wohlstand“, ergänzte Peter. Das betreffe das gesamte Gemeinschaftsleben auf dem Land: Nahversorgung, die Bereitschaft zu Ehrenämtern, das Funktionieren der Feuerwehr, von ärztlicher Versorgung und Pflege.

Maßnahmen

Geeignete Maßnahmen müssten jetzt ergriffen werden, fordert Hunger. „Jetzt findet der Wettbewerb um die besten Köpfe statt.“ Die wirtschaftliche Stärke und die relativ geringen Lebenshaltungskosten Südwestfalens sieht er als Vorteil: „Gerade für geringer entlohnte Arbeitskräfte wie im Pflegebereich stellen die geringeren Lebenshaltungskosten eine Chance dar.“ Der Caritas-Kreisverband Olpe etwa böte ein Modell mit polnischen Kräften, um die Pflege in Privathaushalten aufrecht zu erhalten. Und den Ärztemangel könnte man wegen der Sprachprobleme vieler ausländischer Mediziner auch mit einem Stipendium lösen: Die Studenten erhalten einen Zuschuss, wenn sie sich verpflichten, nach dem Abschluss für ein paar Jahre auf dem Land zu arbeiten.