Ruhrgebiet. Regelmäßig verursachen Unwetter riesige Schäden. Eine Expertin gibt Tipps, wie Sie sich vorbereiten und Ihr Haus vor Starkregen schützen können.

  • Regelmäßig sorgen Unwetter auch in NRW für große Schäden.
  • Doch wie lässt sich das eigene Haus vor Starkregen schützen?
  • Wir haben die Tipps einer Expertin gesammelt.

Einige Menschen tot, einige vermisst - und unendlich hohe Schäden. Ein Jahrhundert-Regen und Hochwasser hat im Juni Süddeutschland geflutet, wie vor zuvor das Saarland. Erst im Januar stand Nordrhein-Westfalen unter Wasser, regnete es im Winterhalbjahr im Einzugsgebiet der Ruhr so viel wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1931. Und doch, und doch: Kann man eine Menge tun, um sein Haus besser zu schützen.

Fatma Özkan weiß, was man tun muss, um Schäden durch eintretende Wassermassen zu vermeiden: vorsorgen. Die 46-jährige Anwältin und Klima-Expertin arbeitet bei der Landes-Verbraucherzentrale in Düsseldorf und befasst sich mit Wasserschäden. Oder besser: Wie man sie verhindert. Es beginnt damit, bei einem normalen Regen vor das Haus und drumherum zu gehen. „Beobachten Sie, wo genau das Wasser hinfließt. Wo sammelt es sich?“ Daraus könne man ableiten, was zu tun ist. „Oft sind solche Maßnahmen gut in Eigenregie umzusetzen, wie zum Beispiel eine Umrandung des Lichtschachts oder die Entsiegelung von Vorgärten und Einfahrten.“ Um Flächen zu schaffen, wo Wasser gut einsickern kann. Soweit alles kein Hexenwerk.

Mit einem Vorrat an Sandsäcken kann man Eingänge und Abgänge schützen

Man kann auch beispielsweise durch Erdwälle Wasser umleiten, wenn es bei Regen auf eine sensible Stelle zuströmen sollte. Doch zum Nachbarn umleiten - soll der doch den Wasserschaden haben - dürfen Sie es nicht. Und wenn es bei starkem Regen schnell gehen muss mit dem Schutz des eigenen Hauses? Können ein paar Sandsäcke helfen, die man eventuell vorausschauenderweise im Keller liegen hat. Zumindest Eingänge und Kellerabgänge hat man dann erst mal provisorisch dicht.

Beim Ruhr-Hochwasser im Juli 2021 schützt die Feuerwehr Straßen in Mülheim mit Sandsäcken.
Beim Ruhr-Hochwasser im Juli 2021 schützt die Feuerwehr Straßen in Mülheim mit Sandsäcken. © Dennis Vollmer | Dennis Vollmer

Wasserschäden sind schlimm. Wenn das Hochwasser, wenn das Grundwasser kommt. Keller laufen voll, Häuser werden verdreckt, im Extremfall unbewohnbar. Schlamm, Unrat, Feuchtigkeit, Schimmel. Arbeit, Arbeit, Arbeit: Der Aufwand ist enorm, diese Schäden zu beseitigen. Gefährdet sind nicht nur Häuser in Tieflagen oder an Hängen, Bächen und Flüssen. Und doch muss man sagen: Wenn Sie erst noch bauen wollen und die Wahl haben, bauen Sie nicht im Tal.

Denn dort, so die Versicherer, „könnten Wassermassen infolge eines Unwetters von oben herabstürzen oder sich in einer Senke anstauen“. In der Bauphase ist es auch an der Zeit, Keller und andere Bauteile, die Kontakt mit dem Erdreich haben, von außen abzudichten. Das sei „deutlich effizienter als die Abdichtung von innen“, sagt Fatma Özkan.

Manche Stadtteile hatten schon vier Jahrhundertregen - seit 2012

Die Folgen von anhaltendem Starkregen können aber auch jeden anderen treffen. Eine Gewitterzelle über dem Stadtteil reicht, die sich mal so richtig ausregnet Man nennt das auch: Jahrhundertregen. Weil sie statistisch einmal in 100 Jahren auftreten. Doch das war früher. Es gibt Stadtteile im Ruhrgebiet, die hatten seit 2012 vier Jahrhundertregen. Gerade tiefliegende Türen und Fenster sollten deshalb druckwasserdicht sein: Das kann man sofort einbauen lassen oder auch nachrüsten.

Der „Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft“ bietet im Internet einen kurzen Check an zu dem Thema „Wie groß ist die Hochwassergefahr für Ihr Haus?“ Auch dort gibt es Tipps, wie man sich schützen kann. Die meisten Ruhrgebietsstädte haben in den letzten Jahren auch Karten erarbeitet, wie hoch das Risiko für jedes Gebäude im Stadtgebiet ist, wenn es viel und anhaltend regnet.

Das Kanalnetz ist nicht ausgelegt für beliebige Mengen Wasser

Anwohner in Reichertshofen in Bayern pumpen das Wasser aus ihren Wohnungen.
Anwohner in Reichertshofen in Bayern pumpen das Wasser aus ihren Wohnungen. © dpa | Sven Hoppe

Wasser kann aber auch durch alle Anschlüsse ans Kanalnetz ins Haus kommen, die unter dem Straßenniveau liegen, also etwa durch eine Toilette im Keller, Kontrollschächte, Waschbecken oder eine Waschküche. Denn das Kanalnetz ist nicht so ausgelegt, dass es bei starkem Dauerregen jede denkbare Menge an Wasser aufnimmt. Die Rohre müssten riesig sein, die Kosten wären es auch und fielen über die Abwassergebühren auf uns alle zurück. Sind die Kanäle überlastet, dann staut sich das Wasser in Ihnen und drängt zurück ins Haus.

Dagegen hilft der Einbau von Rückstauklappen in allen diesen Anschlüssen. Sie verhindern, das Wasser eindringt. Sie sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber sie schützen das Haus. Und: Mit der Versicherung kann es zu Auseinandersetzungen kommen, wenn im Fall eines Wasserschadens durch Rückstau keine Klappe vorhanden war oder sie nie gewartet worden ist. Das kann man selbst machen, sollte es aber protokollieren, um etwas in der Hand zu haben im Fall des Falles.

„Poren, Hohlräume und andere Fehlstellen mit einer Gelschicht füllen“

Nächster Fall: Bei Dauerregen kann auch das Grundwasser stark ansteigen. Im Extremfall kommt es durch Kellerwände oder die Gebäudesohle, „durch Undichtigkeiten in der Bodenplatte, löchrige Fugen im Kellerboden oder Ritzen und Risse in den Wänden“, sagt Fatma Özkan. Dagegen könne man eine Schutzschicht auftragen. „Bei dieser sogenannten Vergelung werden Poren, Hohlräume und andere Fehlstellen mit einer Gelschicht gefüllt“ - dicht auch gegen Druckwasser.

Seit Jahren bietet die 46-Jährige Seminare zum Thema an und hält Vorträge. Und, Frau Özkan, tut sich da was? „Das Interesse ist groß, weil das Thema Klimaanpassung in den Köpfen angekommen ist. Früher habe ich immer behauptet, dass ein überfluteter Keller lebensgefährlich sein kann, und wurde belächelt“, sagt sie: „Spätestens mit der Ahrkatastrophe hat sich das geändert.“ Seitdem belächelt niemand sie mehr. Und auch im oberbayrischen Schrobenhausen wird am Montag eine 43-jährige Frau vermisst. Sie wurde zuletzt im Keller ihres Hauses gesehen. Helfer setzen an dem Gebäude nun Pumpen ein. „Der Einsatz läuft“, sagt ein Polizeisprecher am Vormittag. Stunden später finden sie sie - tot.