Gelsenkirchen/Düsseldorf. VRR-Spitzenmanager Castrillo geht 3,5 Jahre vor Vertragsende und soll 90 Prozent seines Gehalts bekommen. Der Steuerzahlerbund reagiert
Der vorzeitige Abgang des VRR-Vorstandsmitglieds José Luis Castrillo bei wohl 90 Prozent seiner aktuellen Bezüge stößt auf Kritik des Bundes der Steuerzahler NRW. „Dieser goldene Spazierstock, der mit öffentlichen Geldern bezahlt wird, ist richtig ärgerlich“, sagte Jens Ammann, Projektleiter für Öffentliche Finanzen beim BdSt, auf Anfrage. Amann mahnte Transparenz an: „Die Öffentlichkeit sollte schon wissen, was geschehen ist.“
Davon ist indes vorerst nicht auszugehen. Wie es aus der Verbandsversammlung des VRR heißt, erfolge der überraschende Schritt dreieinhalb Jahre vor dem eigentlichen Vertragsende Castrillos wegen des Vorwurfs eines Fehlverhaltens.
Castrillo soll 90 Prozent seines Gehalts bekommen
Das Arbeitsverhältnis soll zum 31. März einvernehmlich beendet werden. Den Vorschlag, 90 Prozent des Gehalts bis 2027 zu bekommen, soll Castrillos Anwalt gemacht haben. 2022 verdiente Castrillo laut veröffentlichter VRR-Jahresbilanz 246.000 Euro. Damit würde sein vorzeitiger Abgang den Steuerzahler deutlich mehr als 700.000 Euro kosten. Ob es Klauseln geben wird, wonach sich die Summe reduziert, wenn Castrillo einen neuen Arbeitgeber findet, ist noch ungeklärt.
SPD und Grüne, berichten Teilnehmer einer Gremiensitzung vom Montag, wären mit einer Ermahnung Castrillos zufrieden gewesen, das habe auch eine interne Beurteilung des Falls ergeben. Doch die CDU habe auf sofortiger Vertragsbeendigung bestanden, wollte gar die fristlose Aufkündigung. Dem Vernehmen nach sollen Anwälte des VRR aber darauf hingewiesen haben, dass man vor Gericht damit nicht durchkommen werde. 90 Prozent für dreieinhalb Jahre wiederum ist der CDU zu viel, doch das verhandeln nun die Anwälte beider Seiten. Herr des Verfahrens ist der parteilose Hagener Oberbürgermeister Erik Schulz als Verbandsvorsteher.
Der 53-jährige Castrillo ist SPD-Mitglied, Parteifreunde vermuten, dass es hier auch um einen Machtkampf innerhalb des VRR gehe. Es sei „stundenlang diskutiert“ worden in der Sitzung am Montag. Der wirtschaftliche Schaden sei immens, hieß es aus politischen Kreisen des Verbundes Zudem müsse man sich fragen, wen man für diese Job noch begeistern könne.
Keine offizielle Bestätigung durch den VRR
Castrillo ist seit Januar 2014 zweiter Mann an der Spitze des größten deutschen Verkehrsverbundes und dort unter anderem für die Bereiche Marketing, Digitalisierung und Kommunikation zuständig. Auf eine Anfrage dieser Redaktion reagierte Castrillo bisher nicht. Vorstandsprecher des VRR ist seit 1. Februar der frühere NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke. Im Sommer 2022 hatte der Vorstandsvorsitzende Ronald Lünser vorzeitig seinen Schreibtisch geräumt, für eine Interimszeit war Gabriele Matz Vorstandssprecherin. Sie wollte das aber aus Altersgründen nicht dauerhaft bleiben.
Eine offizielle Bestätigung des Vorgangs von Seiten des VRR gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht. „Wir bedauern, dass aus einer nicht öffentlichen Gremiensitzung Dinge an die Öffentlichkeit gelangt sind“, sagte ein Sprecher am Dienstag auf Anfrage. Man bitte „um Verständnis, dass sich die VRR-Verwaltung erst bei einer finalen Beschlusslage äußern wird“. fp/mko