Mülheim. Bei Minusgraden kommen Bedürftige derzeit an Grenzen. Ein Mülheimer Verein hilft unkompliziert. Nur: Kleiderspenden alleine reichen oft nicht.
Sascha Prandstätter wirkt selbst ein wenig überrascht von dem, was ihm und zahlreichen Helferinnen und Helfern in den letzten Jahren gelungen ist. Die „spontan aus einer Bierlaune heraus“ entstandene Idee, Bedürftigen zu helfen, hat sich in wenigen Jahren zu einem viel beachteten Engagement für Menschen entwickelt, die für jede Hilfe dankbar sind.
„Wir waren ursprünglich 16 Mitglieder“, erinnert sich der Vorsitzende des Vereins „Solidarität in Mülheim“ an die Anfänge. „Wir hätten niemals gedacht, dass daraus eine so große Sache wird. Alles war ausschließlich privat finanziert und organisiert.“ Mittlerweile werden die Speisen in der Küche einer ehemaligen Kneipe in Broich zubereitet und dann mit dem Bus zum Hauptbahnhof gebracht. Um 18.30 Uhr beginnt die Ausgabe. Heute gibt es Nudeln mit Hackfleischbällchen-Soße, kalte und heiße Getränke und süßes Gebäck zum Nachtisch. „Bei solchen Temperaturen ist ein heißer Kaffee oder Tee genau das Richtige“, sagt Prandstätter.
Mülheimer Verein bemerkt unterschiedliche Bedarfe nach Jahreszeit
Angst davor, dass Menschen, die eigentlich nicht bedürftig sind, das Hilfsangebot missbrauchen, hat der Vereinsvorsitzende nicht. „Es ist schon eine hohe Hürde, sich für eine warme Mahlzeit am Bahnhof in eine Schlange zu stellen“, meint er. Vielmehr würden Menschen fernbleiben, wenn sie die Hilfe nicht wirklich nötig hätten. „Man kann das genau sehen“, erklärt er. Zu Beginn eines jeden Monats sei bei den Gästen, wie die Menschen in der Schlange hier genannt werden, noch Geld da. Dementsprechend sei die Schlange dann auch kürzer. Je weiter der Monat fortschreite, desto länger werde die Schlange. „Ob Sommer oder Winter – Hunger haben die Menschen immer.“ Im Sommer werden zu den Speisen gekühlte Getränke ausgegeben. „Wir haben seit kurzem sogar eine Eismaschine“, freut sich Prandstätter.
Davor, dass es nicht für alle reichen könnte, hat er keine Angst. „Wir haben das ganz gut raus, wie viel wir brauchen.“ In all‘ den Jahren sei es erst ein einziges Mal vorgekommen, dass nicht alle Bedürftigen versorgt werden konnten – und das sei bei der Zahl der bisherigen Aktionen ein sehr guter Wert.
Mülheimer Ehrenamtler erhalten deutlich weniger Spenden
Der Verein ist auf Spenden angewiesen, um sein wohltätiges Werk zu verrichten. Leider seien die Spenden im vergangenen Jahr um die Hälfte eingebrochen. Eine der Vielen, die spendet, ist ebenfalls zum Hauptbahnhof gekommen: Diana Saar hat den Kofferraum randvoll mit warmen Decken, die sie gerade aus ihrem Wagen in den Vereinsbus lädt. Die Frage nach ihren Beweggründen löst bei ihr ein wenig Unverständnis und beinahe Unbehagen aus. „Das ist doch selbstverständlich“, dass man helfe, wenn und wo man könne. Ihre Mitbringsel sind hochwillkommen. Angesichts der derzeitigen Außentemperaturen bestehe zudem auch ganz besonders großer Bedarf an Isomatten und Handschuhen, ergänzt Prandstätter.
Der Verein sei zu Beginn von der großen positiven Resonanz auf seine Arbeit nahezu überrollt worden. Als Folge daraus soll das Engagement bald auf weitere Städte ausgedehnt werden. Es gibt bereits eine Ortsgruppe in Oberhausen. Essen und Bottrop sollen in Kürze dazukommen. „Wir wollen uns auf Städte konzentrieren, in denen es keine vergleichbaren Angebote – beispielsweise von der Heilsarmee oder einer Bahnhofsmission – gibt.“ In Ergänzung dazu möchte der Verein eine Wohnung kaufen, um sie dann an Bedürftige zu vermieten. „Das soll eine Form des sozial betreuten Wohnens werden“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Es sei wichtig, dass man die Menschen nicht einfach in diese für sie vollkommen neue Situation werfe, sondern sie auf diesem Weg qualifiziert begleite.
Mülheimer Verein ist auch auf Geldspenden angewiesen
„Solidarität in Mülheim“ ist sehr dankbar für jede Lebensmittel- oder Kleiderspende, die sie erreicht. Es gebe aber auch Felder, für die es keine wirkliche Alternative zu finanziellen Zuwendungen gebe. „Wir haben gleich mehrere Gäste mit Schuhgröße 52 oder sogar 53 und auch Menschen mit besonderen Körpermaßen. Wenn jemand bei einer Körpergröße von zwei Metern nur 70 Kilo wiegt, dann wird man da bei den gespendeten Sachen so schnell nichts finden“, nennt Sascha Prandstätter eines der vielen Beispiele.
Der Wunsch des Vereins ist es, mit diesen besonderen Bedürftigen bei TK Maxx im Forum solche Dinge zu erwerben. Hierfür bittet der Verein gezielt um Geldspenden, die per PayPal an info@si-mh.de gerichtet werden können. Weitere Informationen zum Verein:
www.si-mh.de.