Ruhrgebiet. Es soll zum Wochenende wieder stark regnen. Die Pegel werden erneut steigen. Läuft es so glimpflich ab wie beim aktuellen Hochwasser?

Es soll weiter regnen: bis zum Freitag nur in Schauern, aber dann wieder massiv. Welche Wassermengen fallen werden, dazu sind die verschiedenen Computermodelle noch uneins. Klar ist: Die Pegel werden wieder leicht steigen. „Es ist möglich, dass sie die Weihnachtsstände noch einmal erreichen“, erklärt Nils Damke, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Essen. Ob die Flüsse darüber hinaus steigen werden, kann Damke noch nicht sagen. „Die Hochwasserlage bleibt angespannt. Jeder Tropfen, der fällt, kann jetzt etwas auslösen.“

Schon kurz vor Weihnachten hatte der DWD das Jahr 2023 in NRW zum feuchtesten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 erklärt. Mit den lang anhaltenden Regenfällen der letzten Tage baue das Jahr seinen Vorsprung aus, erklärt Damke. Die Regenmenge verteilt sich natürlich nicht gleichmäßig. In Essen etwa verzeichnete man wie in etwa einem Viertel aller NRW-Stationen Rekordwerte (auch wenn in Essen die Wetteraufzeichnung erst 1935 begonnen hatte), in Duisburg war man noch etwas davon entfernt.

Verregnete Weihnachten

Und so sah es aus, das nasseste Jahr, über die regnerischen Feiertage. Ein Überblick (lesen Sie hier unsere Langfassung im Live-Ticker):

  • Die Ruhrwiesen sind überschwemmt bis zum Deich in Mülheim-Saarn. Auch die Brehminsel in Essen-Werden wird überflutet, hier ragen am ersten Weihnachtstag einzelne Parkbänke nur noch mit der Rücklehne aus dem Wasser.
  • Man sieht die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk in Mannschaftsstärke auf den Deichen an Rhein und Ruhr. Es sind meist nur Kontrollen, in Oberhausen-Alstaden aber ist ein Deich aufgeweicht. 300 Kräfte haben den 550 Meter langen Bereich mit Sandsäcken gesichert – von Freitagabend bis zum Morgen des Heiligabends.
  • Uferwege sind überflutet. In Duisburg zum Beispiel kommt es vor allem im Deichvorland zu Wegsperrungen. In Herdecke unterspült das Wasser die Gleise der Bahnstrecke zwischen Dortmund und Hagen.
  • Auch die Bäche sind an einigen Stellen über die Ufer getreten, weil die Böden so gesättigt sind.
  • An den Stauwehren der Ruhr ist das Gefälle teils auf wenige Zentimeter geschrumpft. So zum Beispiel an der Kettwiger Ruhrbrücke, wo die Ruhr bis auf 50 Zentimeter an das Niveau des Kettwiger Stausees geklettert ist.
  • Rinder überqueren die gesperrte Raffelbergbrücke in Mülheim. Normalerweise waten sie hier durch den Fluss, der parallel zum Hafen seicht genug ist.

Mindestens 20 Pegel in NRW zeigen die Hochwasser-Warnstufe 2 an. Aber der dritten und höchsten Stufe können bebaute Gebiete in größerem Umfang überflutet werden. Daran ist das Ruhrgebiet über Weihnachten vorbeigeschrammt. Aber Dutzende Keller wurden überflutet. In Bochum-Dahlhausen schichteten Helfer Sandsäcke, in der Mülheimer Innenstadt sollten die Bewohner wertvolle Dinge aus ihren Kellern holen – vorsorglich. In Hattingen kämpfen Helfer und Bewohner eines Campingplatzes gegen die Wassermassen, die schon vor zwei Jahren das „Freizeitdomizil Ruhrtal“ überfluteten. Doch die Lage erwies sich als längst nicht so dramatisch wie beim Jahrhunderthochwasser im Juli 2021.

Dramatik im Sauerland

Im Sauerland aber standen an mehreren Orten Häuser unter Wasser. Dramatisch wurde es in dem kleinen Ort Oberschledorn bei Medebach, wo die Wilde Aar sieben Häuser überflutete: Kurzschlüsse, Rauch, eine Familie musste aus ihrem Haus gerettet werden. In Oeventrop – dort, wo die Ruhr das Arnsberger Stadtgebiet erreicht, sicherten Betriebe ihre Gelände mit Sandsäcken, und die Schützenbrüder ihre Schützenhalle. In der Sporthalle Oeventrop stand das Wasser etwas später dennoch 40 Zentimeter hoch. Die Pegel fallen seit dem ersten Weihnachtstag wieder leicht.

Positive Effekte hat der Dauerregen freilich auch: Fast alle Talsperren sind gut gefüllt um die 90 Prozent. Auch die über mehrere Jahre ausgedörrten Böden haben sich erholt, das Grundwasser in der Tiefe hat sich aufgefüllt. In NRW zeigt der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung nur noch an einer Stelle in der Eifel eine „moderate Dürre“ an.