Münster. In Münster hat ein Prozess wegen mutmaßlicher Beihilfe zu Automatensprengungen mit Millionenschäden begonnen. Es geht um Fluchtautos.
Die Sonne scheint durch die gläsernen Fenster, der Himmel strahlt blau. Vor dem Gebäude ist es eisig, der Angeklagte betritt den Gerichtssaal in einer schwarzen Steppjacke. An seinem Platz wird der 24-Jährige von seiner Verteidigerin und einem Dolmetscher in Empfang genommen, die er mit einem leisen „Goedemorgen“ begrüßt.
Der junge Mann aus den Niederlanden muss sich ab dem heutigen Dienstag vor dem Landgericht Münster verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, zwischen Herbst 2021 und Februar 2022 als „Logistiker“ niederländischen Geldautomatensprengern Beihilfe geleistet zu haben - die widerum mindestens 1,5 Millionen Euro erbeutet und einen Schaden von mindestens 3,6 Millionen Euro versursacht haben sollen.
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Das heißt konkret: Der Angeklagte - 1999 in Amsterdam geboren und aktuell dort wohnhaft, wie der Richter zum Prozessauftakt vorliest - soll der sogenannten „Audi-Bande“ verschiedene Modelle der gleichnamigen Marke beschafft haben.
Mit ihnen seien die Sprenger zu den Tatorten in NRW und Hessen gefahren und nach geglückten, wie auch missglückten Sprengversuchen wieder geflüchtet. Die bislang erhobene Höhe der Beute und des Schadens liegt laut Anklage im sechsstelligen Bereich.
Geldautomatensprengungen: Tatorte in ganz NRW
Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der 24-jähirge Angeklagte wusste, wofür die mutmaßlich von ihm beschafften Autos genutzt werden sollten. Rund eine halbe Stunde lang wird am ersten Verhandlungstag die Anklageschrift samt genauer Automodelle und deren Einsatzorten verlesen - darunter Goch, Marl, Dortmund, Bonn, Ratingen, Krefeld, Dinslaken und Neuss.
In Dinslaken etwa soll es um 202.960 Euro Beute und einen Sachschäden von 175.000 Euro gehen. In Goch wurden wohl 20.380 Euro erbeutet, die Schadenshöhe ist bislang unklar. Die Zahlen allerdings sind laut Pressstelle des Landgerichts Münster „bislang nicht durch Beweiserhebungen konkretisiert oder verifziert“.
Verurteilter belastet angeklagten Niederländer
Über den Angeklagten widerum erfährt man am ersten Prozesstag nicht allzuviel. Er erklärt sich auf Niederländisch zwar bereit, seinen Lebenslauf selbst darzulegen. Auch ein wenig Deutsch verstehe er, erläutert der Amsterdamer. Der Richter sieht diesen Schritt aber erst für den kommenden Prozesstermin vor.
Zeugen sind zum Auftakt noch nicht geladen - was für diesen Fall aber von besonderem Interesse sein dürften. „Im Zusammengang mit den hier fraglichen Taten ist bereits ein anderer Mann vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, neun Monaten verurteilt worden“, sagt Gerichtssprecher und Vorsitzender Richter am Landgericht Münster, Steffen Vahlhaus.
Prozess in NRW gegen Amsterdamer geht weiter
„Auch der dort Verurteilte soll Beihilfe durch Bereitstellung von PKW geleistet haben. Der dort Verurteilte hat den jetzt angeklagten Mann belastet“, so Vahlhaus weiter. Der bereits Verurteilte habe demnach die Autos an den 24-Jährigen weitergegeben.
Der Prozess um den Amsterdamer soll kommende Woche weitergehen. Insgesamt sind sechs Verhandlungstermine bis Ende Februar am Landgericht Münster anberaumt.