Berlin. Viele Ökostromtarife bieten nur ein gutes Gewissen, helfen aber nicht bei der Energiewende. Worauf Sie bei Stromanbietern achten sollten.

Ökostrom ist beliebt: Laut der Bundesnetzagentur haben rund 42 Prozent der deutschen Haushalte einen grünen Tarif. Bei der Suche nach einem geeigneten Anbieter lohnt sich ein genauer Blick. Denn oftmals verbirgt sich hinter Ökostromtarifen nur ein schönes Werbeversprechen, viele Tarife tragen aber in Wahrheit kaum etwas zum Kampf gegen den Klimawandel bei. Der Geldratgeber Finanztip erklärt, worauf es beim Stromvergleich ankommt.

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Ökostrom: Kosten die „grünen“ Tarife mehr?

Für viele Menschen kommt es zunächst einmal auf den Preis an, denn auch nach der Energiepreiskrise sind die Strompreise nicht gerade günstig. Ökostrom kostet im Schnitt aber nicht mehr als konventioneller Strom. Das zeigen Analysen der Bundesnetzagentur, die einmal jährlich die Preise für Ökostromtarife erhebt. Im Frühjahr 2023, als Stromkunden besonders hohe Preise bezahlen mussten, war Ökostrom sogar die deutlich günstigere Wahl.

Weil das Sparpotenzial beim Strom groß ist, sollte man am besten einmal im Jahr Tarife vergleichen. Finanztip stellt auf seiner Website einen Stromrechner zur Verfügung, der auch Ökostromtarife anzeigt. Der Finanztip-Rechner vereint die Angebote der großen Vergleichsportale Check24 und Verivox und zeigt ausschließlich Tarife mit verbraucherfreundlichen Konditionen an.

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Ökostrom entpuppt sich bei manchen Stromanbietern als Mogelpackung. © Getty Images/iStockphoto | Rawpixel

Zusätzlich filtert Finanztip unseriöse Anbieter heraus, die in der Vergangenheit negativ aufgefallen sind. Grundlage dafür sind Klagen von Verbraucherzentralen, Verfahren der Bundesnetzagentur und Hinweise aus der Finanztip-Leserschaft.

Was spricht für einen Ökostromtarif?

Beim Ökostrom sortiert Finanztip die Ergebnisse noch weiter und zeigt ausschließlich Tarife an, die bestimmte Zertifikate tragen. Denn diese Zertifikate machen den Unterschied zwischen einem sinnvollen und einem eher nutzlosen Ökostromtarif aus.

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Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher, die einen Liefervertrag für Ökostrom abschließen, wollen dadurch die Energiewende unterstützen. Leider bewirkt der Tarif allein aber nicht, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Um Ökostrom verkaufen zu können, muss der Stromanbieter ihn nicht selbst erzeugen. Es genügt, wenn er für die benötigte Strommenge sogenannte Herkunftsnachweise kauft.

Ökostromanbieter: Welche Nachweise müssen erbracht werden?

Diese Nachweise bestätigen, dass der Strom aus Solar-, Wind-, Wasser- oder Biomassekraftwerken oder anderen klimaneutralen Energiequellen stammt. Oft stehen die Kraftwerke nicht in Deutschland, sondern zum Beispiel in Norwegen, Österreich oder Island. Deutsche Herkunftsnachweise sind knapp.

Im vergangenen Jahr stammte zwar über die Hälfte des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien, das zeigen Daten des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Allerdings wird ein Großteil der Ökostromerzeugung hierzulande durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert – für diese Strommengen werden aber keine Herkunftsnachweise ausgestellt. Andernfalls würden Ökostromanlagen doppelt profitieren: durch die staatliche Förderung und durch die Vermarktung als Ökostrom.

Wer sich heute für einen Ökostromtarif entscheidet, dem werden deshalb häufig Herkunftsnachweise aus dem Ausland zugeordnet. Daran ist erst einmal nichts auszusetzen. Stromanbieter müssen offenlegen, aus welchen Ländern der Strom stammt. Doch was nutzt es, wenn ein Haushalt solchen Ökostrom bezieht – rein auf dem Papier?

Denn obwohl ein deutscher Stromanbieter Ökostrom aus norwegischer Wasserkraft verkauft, kommt aus der Steckdose trotzdem weiterhin der deutsche Strommix, inklusive Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken.

Label für Ökostrom: Auf welche Zertifizierung sollten Kunden achten?

Die Entscheidung für einen Ökostromtarif bewirkt nur etwas, wenn dadurch auch neue Grünstromanlagen gebaut werden. Hier kommen die Ökostrom-Zertifikate ins Spiel. Nur wenn Stromanbieter nachweislich in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren, bestehen sie die Zertifizierung und dürfen sich mit einem Ökostrom-Label schmücken.

Finanztip weist Stromtarife nur als öko-zertifiziert aus, wenn sie eines der folgenden Labels tragen:

  • Grüner-Strom-Label,
  • Ok-Power-Label,
  • Renewable Plus,
  • TÜV Nord,
  • TÜV Süd oder
  • TÜV Rheinland.

Mit solchen Tarifen leisten Ökostromkunden zumindest einen kleinen Beitrag für die Energiewende. Beim TÜV Nord-Label muss zum Beispiel mindestens ein Drittel des Stroms aus neuen Anlagen stammen.

Electrical engineers are using laptops to monitor the operation of the solar rooftop. Renewable energy concepts.
Mit Solaranlagen fürs Dach oder den Balkon können Verbraucher selbst etwas für die Energiewende tun. © Getty Images/iStockphoto | Worayuth Kamonsuwan

Die Prüfinstitute stellen bei der Zertifizierung unterschiedliche Ansprüche. Als besonders streng gelten das Ok-Power-Label und das Grüner-Strom-Label, die auch das Umweltbundesamt empfiehlt. Beide Labels werden nur an Stromanbieter vergeben, die nicht an Atom- oder Kohlekraftwerken beteiligt sind.

Strom sparen: Was können Verbraucher selbst für die Energiewende tun?

Neben Ökostrom gibt es noch zwei weitere Tipps, um die persönliche Energiewende voranzutreiben. Erstens: Den Stromverbrauch reduzieren. Je bewusster die Gesellschaft mit Energie haushaltet, desto seltener werden die Zeiten, in denen Gas- oder Kohlekraftwerke Strom liefern müssen. Und schließlich die Krönung: Eigenen Solarstrom erzeugen. Photovoltaikanlagen für Eigenheimbesitzer oder Balkonkraftwerke für (Miet-)Wohnungen sind derzeit günstig zu haben.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.