Brüssel. Die EU-Energieminister haben eine Strommarkt-Reform beschlossen. Verbraucher könnten jährlich bald Hunderte Euro an Stromkosten sparen.
Strompreise von über 70 Cent für eine Kilowattstunde (kWh) waren in der Energiekrise im Jahr 2022 keine Seltenheit. Allen voran Neukunden und Verbraucher bei privaten Energieversorgern ächzten unter den explodierenden Energiepreisen. Schon zu der Zeit wurden Rufe nach einer Reform des Strommarktes in der Europäischen Union (EU) laut. Knapp zwei Jahre später haben die Energieminister der EU nun eine Strommarktreform beschlossen.
Seit der Energiekrise ist der durchschnittliche Strompreis in Deutschland wieder deutlich gesunken. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge kostet eine kWh Strom für Neukunden bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh aktuell um die 25 Cent. Von der beschlossenen Strommarktreform können Verbraucherinnen und Verbraucher dennoch profitieren. Denn die Beschlüsse bieten Sparpotenzial – auch im privaten Raum.
Konkret lässt sich die Strommarktreform auf vier Beschlüsse herunterbrechen, die für Verbraucher verschiedene Vorteile mit sich bringen:
- Verbraucher bekommen ein Recht auf dynamische Stromtarife
- Die Strompreise in der EU sollen insgesamt stabiler werden
- Energieversorger können Verträge nicht mehr so einfach ändern
- Erneuerbare Energien sollen Strom langfristig günstiger machen
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Strommarktreform: Über dynamische Tarife Hunderte Euro sparen
In einem Festpreisvertrag kostet eine kWh Strom immer gleich. In einem dynamischen Stromtarif passt sich der Strompreis an den aktuellen Börsenstrompreis an. So kann der Strom nachts etwa günstiger sein als tagsüber. Am meisten Einsparpotenzial für Verbraucher bietet demnach das neue Recht auf Verträge mit dynamischen Stromtarifen: Es soll neben dem Recht auf Festpreisverträge künftig für alle Verbraucher in der EU gelten.
Als nützlich für dynamische Tarife dürften sich vor allem sogenannte Smart-Home-Systeme erweisen, denn sie berücksichtigen die Strompreisentwicklung. Ein Beispiel: Die Waschmaschine schaltet sich automatisch an, wenn der Strom gerade günstig ist. Ist der Strom gerade teuer, greift das System auf den Speicher der Solaranlage zu oder fährt den Energieverbrauch zurück. Das bedeutet: Auch das Zusammenspiel aus Netzstrom und erneuerbaren Energien wie Photovoltaik wird einfacher.
Festtarif vs. dynamischer Tarif: Was sind die Unterschiede?
Merkmal | Festtarif | Dynamischer Tarif |
---|---|---|
Preisstruktur | Fester Preis pro kWh | Variable Preise je nach Angebot und Nachfrage (Börsenstrompreis) |
Stabilität | Stabil und vorhersehbar | Schwankend und unvorhersehbar |
Abrechnung | Gleicher Preis pro Monat | Preis kann sich stündlich ändern |
Flexibilität | Weniger flexibel, keine Anpassung an Marktbedingungen | Hohe Flexibilität, Anpassung an Marktbedingungen |
Risiko für Verbraucher | Niedriges Risiko dank stabiler Kosten | Höheres Risiko, potenziell schwankende Kosten |
Anreiz für Verbrauchsanpassung | Gering, weil Preis fest | Hoch, weil Preis je nach Nachfrage variiert und zeitweise sehr günstig sein kann |
Verbrauchergruppe | Eher für Verbraucher geeignet, die konstante Kosten bevorzugen | Eher für Verbraucher geeignet, die flexibel auf Preisänderungen reagieren können |
Technologiebedarf | Gering, es sind keine besonderen Technologien nötig | Erfordert intelligente Zähler und im Idealfall ein abgestimmtes Smart-Home-System |
Umweltauswirkungen | Geringerer Einfluss auf Netzstabilität | Potenziell positiver Einfluss durch Lastverschiebung |
Einem Bericht von Focus zufolge können Verbraucher mit smarten Hausgeräten Hunderte Euro pro Jahr an Energiekosten sparen, wenn die dynamischen Stromtarife ab 2025 verpflichtend angeboten werden müssen. Das Thema Heizung spielt hier ebenfalls mit ein, denn neben Photovoltaikanlagen benötigt auch die Wärmepumpe Strom. Apropos Photovoltaik: Das Zusammenspiel aus Photovoltaik und dynamischen Stromtarifen könnte auch hier viel Einsparpotenzial beim Energiepreis bieten.
Keine explosiven Strompreise mehr: So soll der Preis stabil bleiben
Strompreise von über 70 Cent pro kWh wie in der Energiekrise sollen nach der EU-Strommarktreform nicht mehr vorkommen, so lautet zumindest die Idee. Im Kern dieses Beschlusses stehen langfristige Verträge zwischen Regierungen und Stromerzeugern – sogenannte Contracts for Difference (CfDs). Jedes EU-Land soll solche Differenzverträge mit den Energieversorgern abschließen und darin eine Spanne definieren, innerhalb derer sich der Strompreis bewegen darf.
Die Preisspanne soll dabei sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmen schützen: Fällt der Strompreis unter den Mindestpreis, muss der Staat den Energieerzeugern die Differenz erstatten. Umgekehrt müssen die Energieerzeuger die Differenz an den Staat zahlen, sofern der Strompreis über dem Maximalpreis liegt. Die frühestens ab dem Jahr 2027 geltenden Differenzbeträge sollen stabile Strompreise gewährleisten und extreme Preisanstiege wie in der Energie- und Preiskrise 2022 verhindern.
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EU-Beschluss zum Strommarkt soll Verbraucher besser schützen
Es war die Befürchtung vieler Verbraucher in der Energiekrise, die ihre Rechnung nicht mehr bezahlen konnten: Der Stromanbieter kappt die Versorgung. Das soll der EU-Strommarktreform zufolge bald nicht mehr möglich sein. Die EU-Staaten wollen den Energieversorgern demnach verbieten, die Stromzufuhr für schutzbedürftige Kunden abzuschalten.
Diese Regelung soll auch bei Streitigkeiten zwischen Versorgern und Kunden gelten. Zudem sollen die Strompreise für schutzbedürftige und benachteiligte Kunden in einer Notsituation unter bestimmten Bedingungen weiter gesenkt werden können.
Günstigerer Strom über erneuerbare Energien – das ist geplant
Eine wichtige Säule in der Strommarktreform sind die erneuerbaren Energien. Auch hier will die EU mit den Contracts for Difference (CfDs) ansetzen. In den Differenzverträgen sollen die EU-Staaten den Energieerzeugern einen Mindestpreis für Strom garantieren, wenn diese in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft investieren. Bis 2030 sollen dadurch mindestens 42,5 Prozent des benötigten Stroms in der EU aus erneuerbaren Quellen kommen.
Gleichzeitig will die EU weiterhin Atomenergie unterstützen. Die Investitionen hierfür sollen ebenso über die CfDs gefördert werden wie Solar- und Windkraft. Kritisiert wird das etwa von dem deutschen EU-Parlamentarier Michael Bloss (Grüne), der in diesem Zusammenhang auch die Subventionen für Kohlenmeiler kritisiert. Innerhalb der EU sorgt das Thema Atomstrom in der Strategie für erneuerbare Energien schon länger für Unstimmigkeiten. Viele Länder in der EU setzen weiter auf Atomstrom – darunter Frankreich oder Tschechien.
Strommarktreform bietet Verbrauchern viele Vorteile – ein Fazit
Vor allem das Recht auf dynamische Stromtarife bietet Verbrauchern ein großes Einsparpotenzial. Wer seinen Energieverbrauch clever organisiert, kann damit viel Geld sparen. Smart-Home-Lösungen sind dabei ein Weg, doch auch das Zusammenspiel aus Netzstrom und erneuerbaren Energie wie der Wärmepumpe oder Photovoltaik macht auf der Stromabrechnung einen großen Unterschied. Es gibt zum Beispiel schon erste Balkonkraftwerke mit mehr als 800 Watt Leistung.
Alle Reformen zusammengenommen stabilisieren zudem den Strommarkt. Extreme Preissprünge wie in der Energiekrise 2022 werden dadurch unwahrscheinlicher. Experten rechnen zudem damit, dass der starke Ausbau erneuerbarer Energien den Strom langfristig günstiger werden lässt. Generell ist aber nichts preiswerter als selbstproduzierter Strom. Das fördert in Teilen auch die Politik: Vor allem im Bereich Photovoltaik gibt es zahlreiche Förderungen. Anders als die Heizungsförderung sind diese bisher allerdings größtenteils auf Landesebene verfügbar.
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