Remscheid. Viele Heizungsbauer kämpfen mit den Absatzzahlen. Jetzt will auch Vaillant den Rotstift ansetzen. Es geht um weltweit 700 Stellen.
Weg von fossilen Brennstoffen wie Heizöl und Gas und stattdessen in die erneuerbaren Energien wie Photovoltaik investieren – das Ziel: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Eine Schlüsselrolle spielt neben dem Verkehr auch die Energieerzeugung und im privaten Raum das Thema Heizung. Umso mehr überraschte vor knapp einem Jahr der Verkauf der Wärmepumpen-Sparte von Viessmann an einen US-Konzern.
Heizungsbauer Vaillant plant Stellenabbau in Deutschland
Geht der Heiztechnik-Hersteller Vaillant aus Remscheid (Nordrhein-Westfalen) jetzt einen ähnlich drastischen Schritt? Geplant ist, weltweit rund 700 Stellen abzubauen. 300 davon an Standorten in Deutschland. Man wolle das Unternehmen damit an die neue Nachfragesituation und die künftigen Markt- und Kundenanforderungen ausrichten, teilte das Familienunternehmen zur Begründung mit. Der Stellenabbau solle „möglichst zeitnah“, sagte ein Sprecher.
Der europäische Markt für Heiztechnik habe im Jahr 2023 insgesamt rund zehn Prozent unter dem Vorjahresniveau gelegen. Diese Entwicklung habe sich in den ersten Monaten des Jahres 2024 fortgesetzt. Im Vorjahr war nach den Debatten um das umstrittene Heizungsgesetz der Ampel-Regierung ein regelrechter Boom zu Gas- und Ölheizungen ausgebrochen – das Nachsehen hatten die Wärmepumpen-Hersteller, die zunehmend auch Konkurrenz aus dem asiatischen Raum bekommen.
Wärmepumpen-Geschäft in Deutschland: Ökonom mit klarer Prognose
Jens Suedekum – Professor of International Economics – von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, hatte die Probleme der Wärmepumpen-Industrie schon 2023 gesehen, als er den Viessmann-Deal zur Wärmepumpe für uns eingeordnet hat. Seine Absatz-Prognose damals: „Die Menge an verkauften Wärmepumpen wird weiter steigen, aber nicht unbedingt die Gewinne der etablierten deutschen Anbieter.“
Bei Vaillant geht es zumindest nicht um einen Verkauf oder eine Verlagerung der Kapazitäten ins Ausland. Die 700 Stellen will der Heizungs-Hersteller in der Verwaltung abbauen. Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden. Geplant ist der Presse-Agentur DPA zufolge ein Programm zum freiwilligen Unternehmensaustritt. Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über die Umsetzung der Maßnahmen würden laufen, sagte der Sprecher.
Unternehmen | Vaillant Group |
Hauptsitz | Remscheid (NRW) |
Gründer | Johann Vaillant |
Gründungsdatum | 1874 |
Mitarbeiteranzahl | rund 17.500 weltweit (5000 in Deutschland) |
CEO | Norbert Schiedeck |
Vaillant will Stellen abbauen: Trifft es auch die Wärmepumpen-Sparte?
Das Kernprodukt Wärmepumpe soll in Deutschland weiter ausgebaut werden. Seit dem Jahr 2016 sei die Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich um 5000 gewachsen – davon allein um 1500 in Deutschland. Vaillant bekräftigte das erklärte Ziel, ein führender Hersteller elektrischer Wärmepumpen zu werden. „Dazu wird das Unternehmen unter anderem im Herbst dieses Jahres an seinem Hauptsitz in Remscheid eine neue Fabrik für die Fertigung von Elektronikbauteilen eröffnen.“
Remscheids Oberbürgermeister Burkhart Mast-Weisz zeigte sich gegenüber „Radio RSG“ trotzdem enttäuscht über die Vaillant-Pläne zum Stellenabbau. Vaillant sei das Unternehmen in Remscheid mit über 10.000 Beschäftigten. Auch ihm sei nicht verborgen geblieben, dass die Nachfrage von Wärmepumpen in diesem Jahr langsamer anlief als erhofft. Daher hoffe man, dass sich das Geschäft zeitnah wieder einpendelt.
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Vaillant-Chef mit Wärmepumpen-Prognose: Warum Europa attraktiv ist
Die Voraussetzungen dafür sehen national und international gut aus. Vaillant erwartet mittel- und langfristig wieder eine steigende Nachfrage nach Wärmepumpen. „Die Förderbedingungen sind in vielen europäischen Ländern schon heute sehr attraktiv“, erklärte Vaillant-Chef Norbert Schiedeck. In Deutschland gibt es seit diesem Jahr ein neues Förderkonzept für Heizungen mit erneuerbarem Anteil. Für eine Wärmepumpe etwa ist bis zu 70 Prozent staatlicher Zuschuss möglich.
Mit einem deutlichen Umsatzplus von fast 50 Prozent habe sich das Wärmepumpengeschäft wie in den Vorjahren deutlich besser entwickelt als der europäische Wärmepumpenmarkt, teilte Vaillant weiter mit. Allein „In Deutschland betrug das Wachstum des Wärmepumpengeschäfts sogar mehr als 100 Prozent.“ Vaillant zählt zu den Marktführern in Deutschland im Bereich Wärmepumpe und ist als der drittgrößte Anbieter für Wärmepumpen in Europa gelistet.
Insgesamt beschäftigte der Heizungs-Hersteller zum Jahreswechsel rund 17.500 Mitarbeiter – davon rund 5000 in Deutschland. Der Stellenabbau wird vor allem den Standort Remscheid betreffen, wo ein Großteil der Verwaltung angesiedelt ist. Umsatztechnisch läuft es für das Unternehmen gut. 2023 steigerte Vaillant seinen Konzernumsatz um drei Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Über den Gewinn machte die Firma keine Angaben. „Wir sind ein profitables Unternehmen“, sagte der Sprecher.
mit dpa