Berlin. Zucker lässt die Haut altern. Die Beauty-Industrie sucht seit Jahren nach einem Gegenmittel. Bringt ein Wirkstoff jetzt die Lösung?
Dass mit einem zu hohen Zucker-Konsum Risikofaktoren für diverse Krankheiten verbunden sind, ist seit Jahren bekannt: Diabetes Typ 2 zum Beispiel, Übergewicht oder Herzkreislauf-Erkrankungen. Was viele aber nicht wissen: Zucker hat auch einen negativen Einfluss auf die Haut. Er kann Falten verursachen und für einen Gelbstich sorgen.
Verantwortlich dafür ist ein Prozess, der Glykation genannt wird. Dabei handelt es sich um eine natürliche chemische Reaktion, erklärt Kosmetologin Sabine Gütt im Gespräch mit dem Beauty-Blog „Frollein Herr“. Hierbei verbänden sich Moleküle, insbesondere von Trauben- und Fruchtzucker mit Proteinen oder Lipiden, also Eiweißen oder fettähnlichen Substanzen. Dadurch bildeten sich sogenannte fortgeschrittene Verzuckerungs-Endprodukte, kurz AGEs.
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Je langlebiger ein Protein in der Haut ist, desto mehr AGEs könne es ansammeln, wodurch wiederum Entzündungen und freie Radikale entstehen könnten, so Gütt weiter. Einfach gesagt: Zucker schwächt die Kollagen- und Elastinfasern der Haut und führt dazu, dass sie Spannkraft verlieren. Dass gealterte Haut darüber hinaus gelblich aussehen kann, liegt an der gelb-braunen Farbe der AGEs.
Anti-Aging: Konzern hat sich Stoff in Kosmetik patentieren lassen
Wie stark „Verzuckerung“ die Hautalterung beeinflusst, ist nicht abschließend geklärt. „Sie ist etwa ab dem 30. Lebensjahr eine der Hauptursachen intrinsischer Hautalterung. Darunter verstehen wir die Form der Hautalterung, die durch innere Faktoren ausgelöst wird“, sagt Gütt. Äußere Faktoren der Hautalterung seien etwa die UV-Strahlung der Sonne oder Luftverschmutzung.
Die Beiersdorf AG, ein Pharma-Unternehmen im Bereich der Hautpflege, will eigenen Angaben zufolge jetzt erstmals ein Gegenmittel gegen die Verzuckerung gefunden haben. „Wir haben rund zehn Jahre intensiv nach einem effektiven Wirkstoff gesucht“, erklärt Chefforscherin Gitta Neufang laut Mitteilung. Insgesamt seien dabei etwa 1700 Substanzen getestet worden.
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Entdeckt und für die Nutzung in der Kosmetik patentiert wurde den Angaben zufolge N-Acetyl-L-Hydroxyprolin, kurz NAHP. Der Wirkstoff soll die Verzuckerungsreaktion verhindern. Beiersdorf hat dazu bereits mehrere wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht, unter anderem im „International Journal of Cosmetic Science“.
Kosmetik muss vor dem Verkauf geprüft sein
Notwendig sind die Studien aus Sicht der Hersteller aus mehreren Gründen: Die Sicherheit von Kosmetik muss vor dem Verkauf geprüft werden. Dazu gehört der Nachweis von Verträglichkeit und die Prüfung der Haltbarkeit. Dies liegt in der Verantwortung der Firmen. Darüber hinaus darf ein Hersteller laut einer EU-Verordnung nicht mit einer Wirkung werben, wenn diese nach dem aktuellen Kenntnisstand wissenschaftlich nicht nachweisbar ist.
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Umstritten allerdings ist, wie zuverlässig die wissenschaftlichen Studien zu Kosmetikprodukten deren Nutzen beweisen. Grund dafür sind nicht nur die unausweichliche Nähe von Forschung und Industrie, sondern auch Zweifel um die Anwendbarkeit der Ergebnisse im echten Leben. Im Fall von NAHP zum Beispiel wurde der beschriebene Nutzen von einem Team von Beiersdorf-Mitarbeitenden in der Petrischale beziehungsweise mit Hautproben im Labor bestimmt.
Die Verbraucherschützer von Stiftung Warentest fanden 2015 bei einer Umfrage heraus, dass das Vertrauen in Cremes aus dem Anti-Aging-Bereich groß ist. Fast jede zweite Frau glaubte, dass sie Falten sichtbar oder ganz verringern. Bei einem Test von neun Produkten allerdings zog Stiftung Warentest ein anderes Fazit: Demnach konnte keines der Produkte „kleine Fältchen oder gar tiefere Falten so mildern, dass mit bloßem Auge eine Verbesserung zu sehen war“.