Berlin. Die Coronazahlen steigen wieder. Ob man im Herbst eine weitere Auffrischungsimpfung bezahlt bekommt, hängt auch von den Ärzten ab.
Die Coronalage in Herbst und Winter ist schwer vorherzusehen. Sie ist abhängig von den vorherrschenden Virusvarianten oder auch vom Verhalten der Bevölkerung. Während sich Ärzte und Apotheken auf eine intensive Kampagne zu Auffrischungsimpfungen vorbereiten, steigen die Zahlen der gemeldeten Infektionen weiter. Wer sollte sich noch mal impfen lassen und zahlen das die Kassen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Corona in Herbst und Winter? Womit rechnen die Experten?
Die Zahl der offiziell gemeldeten Coronainfektionen ist bis zum 27. August bundesweit auf knapp 4760 gestiegen, erneut 500 mehr als in der Vorwoche. Das Niveau aber bleibt niedrig und ist mit den Werten aus der Pandemie nicht mehr vergleichbar, da kaum noch getestet wird.
„Für Panik gibt es gerade keinen Grund, wir haben es eigentlich geschafft“, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Gesellschaft für Immunologie. Viele Menschen seien durch Impfungen, Booster oder Infektionen grundimmunisiert. Wer sich jetzt infiziere und grundsätzlich gesund sei, werde in der Regel nicht so schwer krank, dass er ins Krankenhaus müsse.
Gleichwohl: Corona ist dem Immunologen zufolge noch immer nicht harmlos. „Wir sind nicht auf dem Schnupfen-Niveau, wir sind auf dem Grippe-Niveau“, sagt Watzl. Eine Infektion könne für Ältere und Vorerkrankte zur ernsten Gefahr werden. Darüber hinaus sei es weiterhin möglich, nach einer Infektion an lang anhaltenden Krankheitsfolgen zu leiden.
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„Das Virus wird weiterhin bestimmte Gruppen schwer krank machen und Komplikationen verursachen“, sagte Virologin Isabella Eckerle dem „Spiegel“. Einen stabilen Zustand könne sie noch nicht erkennen. „Ich glaube, das Virus ist noch nicht fertig mit uns.“
EG.5 auf dem Vormarsch - welche Virusvarianten kursieren?
Dominant sind diverse Stämme der Omikron-Variante XBB. Weltweit auf dem Vormarsch ist dabei nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) EG.5, auch Eris genannt. Die Variante sei ansteckender als andere und könne sogar weltweit dominant werden.
Aber: Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht keinen Hinweis dafür, dass Eris für besonders schwere Krankheitsverläufe sorge. Auch Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren am Biozentrum der Uni Basel sagt: „Meiner Einschätzung nach geht von EG.5 keine besondere Gefahr aus.“
Darüber hinaus diskutiert die Fachwelt aktuell über die Corona-Variante BA.2.86, die in verschiedenen Teilen der Welt nachgewiesen worden ist und durch eine Vielzahl von Mutationen auffällt: Im Vergleich zum Urvirus hat sie laut einem Bericht im Fachjournal „Nature“ 58 Mutationen. Ob sie sich durchsetzen wird, ist offen.
Wer sollte die Corona-Impfung auffrischen lassen?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt dies Menschen ab 60, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten, Pflege- und Gesundheitspersonal sowie Angehörige von Risikopatienten. Mindestens zwölf Monate sollen in der Regel seit der letzten Impfung oder Infektion vergangen sein. Gesunden Erwachsenen unter 60 und Schwangeren wird keine weitere Auffrischung empfohlen. Grundimmunisierung und Booster empfiehlt die Stiko auch nicht mehr für gesunde Säuglinge, Kinder und Jugendliche.
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Für wen diese Stiko-Empfehlung nicht gilt oder wer vom Arzt keine medizinische Notwendigkeit zur Auffrischung bescheinigt bekommt, kann sich zwar womöglich boostern lassen, muss dafür aber selbst bezahlen. „Bei Personen, für die keine Stiko-Empfehlung gilt, entscheidet also mit anderen Worten der Arzt oder die Ärztin“, teilt die Techniker Krankenkasse mit.
Gibt es angepasste Impfstoffe?
Die Impfstoffhersteller Moderna, Biontech/Pfizer und Novavax haben für Mitte September angepasste Vakzine an die Virusvariante XBB angekündigt. Bis 18. September sollen sie in Arztpraxen oder Apotheken sein, erklärt der Apothekerverband Nordrhein. Die ersten klinischen Daten zu dem Moderna-Vakzin sind laut Impfstoffforscher Leif-Erik Sander positiv: „Wie erwartet, deutlicher Anstieg der Serumneutralisation gegen XBB-Varianten, inklusive EG.5.1“, schreibt er auf dem Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter. Laut Immunologe Carsten Watzl sei es sinnvoll, mit einer Auffrischung auf die angepassten Vakzine zu warten.
Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich infiziert bin?
Seit März gilt keine Pflicht mehr, sich bei einer Corona-Infektion zu Hause zu isolieren. Das RKI empfiehlt, bei Symptomen drei bis fünf Tage lang zu Hause zu bleiben und Kontakte zu reduzieren, bis sie abgeklungen sind. Epidemiologe Hajo Zeeb rät: „Wer Erkältungssymptome hat, sollte sich jetzt wieder testen, um eine Corona-Infektion zu erkennen und möglichst niemanden anzustecken.“ Die Symptome bei einer Infektion mit XBB oder EG.5 seien bekannt: Abgeschlagenheit, Erkältungssymptome wie Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber. Bei EG.5 sollen Betroffene wieder häufiger über den Verlust des Geruchssinns klagen.
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Ansprüche auf kostenlose Covid-19-Testungen bestünden derzeit nicht mehr, erklärt das Bundesgesundheitsministerium. „Haben Menschen Corona-Symptome müssen die behandelnden Ärzte entscheiden, ob eine (PCR-)Testung erforderlich ist.“ Werde daraufhin getestet, übernähmen die Krankenkassen die Kosten.
Maske und Co. – sollte ich mich wieder schützen?
Eine Maskenpflicht ist trotz steigender Coronazahlen nach Auffassung des Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, derzeit nicht nötig. Die Menschen könnten selbst entscheiden, ob sie eine Maske tragen wollen. Virologin Isabella Eckerle hält dies auch in diesem Herbst und Winter für sinnvoll - und zwar in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Krankenhaus oder in Arztpraxen. Laut Intensivmediziner Christian Karagiannidis ist dies – neben Auffrischungsimpfungen – vor allem für immungeschwächte Patienten wichtig.
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