Hagen. "Wer nichts wird, wird Wirt." Die Binsenweisheit hat einen langen Bart.

Und so einfach ist die Frage, warum Kneipen und Restaurants - zumindest dem Anschein nach - heute eröffnen, morgen schließen und übermorgen von einem anderen Pächter wiedereröffnet werden, auch nicht zu beantworten.

Wer nach fünf Jahren erstmals wieder durch Hagens Innenstadt bummelt, wird kaum eine Kneipe und auch nur wenige Restaurants finden, die noch unter gleichem Namen bzw. vom gleichen Pächter betrieben werden. "Kein Hagen-typisches Problem", betont Klaus-Peter Kusch vom Hotel- und Gaststättenverband. "In allen größeren Städten macht jeder dritte Wirt innerhalb eines Jahres dicht." In der Restaurant- und Hotelbranche sei die Fluktuation allerdings wesentlich geringer.

Die Gründe für den häufigen Kneipenpächterwechsel liegen für Kusch auf der Hand: "Viele, die sich selbstständig machen wollen, informieren sich im Vorfeld weder über die Gestaltung des Pachtvertrags noch über die Wettbewerbssituation. Und ein schlüssiges Konzept haben auch nur die wenigsten." Ferner fehle betriebswirtschaftliches Grundwissen , "aber Umsatz ist nun mal nicht gleich Gewinn". Laut Kusch ein weiteres Problem: Banken und Sparkassen gewähren Gastronomen nur selten Kredite oder Existenzgründungsdarlehen. "Das bedauere ich, da es Brauereien und Fachgroßhändlern die Möglichkeit gibt, verpächterlastige Verträge abzuschließen. Dabei gibt es durchaus auch seriöse Gastronomen mit gutem Konzept."

In den letzten Jahren habe es viele Ich-AG-Gründungen im Gastrobereich gegeben, "die meisten waren aber nach einem Jahr wieder verschwunden". Und auch manch Hartz-IV-Empfänger versuche sich als Wirt: "Doch es sieht viel einfacher aus, als es ist", warnt Kusch.

Systemgastronomie wie Bar Celona oder Extrablatt, die junge Leute anspricht, liefe meist gut, ebenso wie Betriebe, die Events wie Club-Abende (Catacombe) oder Krimi-Dinner (Hotel Dresel) anböten. "Aber für kleinere Kneipen gilt auch heute noch: Ein Wirt muss Alleinunterhalter und Beichtvater sein, seine Stammkunden pflegen und authentisch 'rüberbringen, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat." Beispiel: Vor sieben Jahren eröffnete Otto Jung in der Hochstraße das "Brauhaus". Westfälische und saisonale Küche zum erschwinglichen Preis serviert der Chef dort selbst. Und die Gäste fühlen sich wohl.

Gastronomen müssen sich auch über städtische Hürden im Klaren sein, warnt Kusch. So müssen für neue Gastrobetriebe Parkplätze abgelöst werden. Kosten pro Platz: 9610 Euro. Um die Innenstadt zu beleben, hat die Stadtverwaltung vor einem Jahr die Ablöse für Betriebe bis zu 300 qm und bis zu zehn Beschäftigten halbiert. "Doch große Betriebe müssen tief in die Tasche greifen." Apropos groß: In der City gäbe es nur wenige richtige Restaurants, da diese viel Fläche bräuchten, "aber Fläche in der Innenstadt kostet viel Geld". Da mit Speisen weniger Geld zu verdienen ist als mit Getränken, fände man fast nur noch "Kommunikationsgastronomie" in 1-a-Lage.

Kusch zum Punkt "Gebühr für Außengastronomie": "Um die City zu beleben, hat die Stadt Iserlohn schon vor Jahren die Biergarten-Gebühr gestrichen. Hagen sollte darüber - wenigstens für die Gastro-Betriebe in Randlagen - auch nachdenken."

Neueröffnung, Schließung: Das im Vorfeld hoch in den Himmel gelobte Cafe? Miners im Stadtfenster war nach ein paar Monaten dicht. Nächste Woche eröffnet dort der mongolische Barbecue-Grill "Fulotho". Und selbst "Hagen Eins", das schicke Restaurant mit Wintergarten im Sparkassen-Karree, hat zu kämpfen und sucht nach Auskunft von Kai Müller nach einem neuen Betreiber. Der Geschäftsführer von Wisag-Catering (Wisag ist für die gesamte Gebäudeverwaltung zuständig und betreibt auch die Sparkassen-Kantine) gesteht: "Betriebsgastronomie ist eben etwas anderes als öffentliche Gastronomie. Das Hagen Eins passt nicht in das Portfolio der Wisag-Catering."