Gelsenkirchen. In den nächsten Tagen wird entschieden, wie stark die Ticket-Preise im VRR 2024 steigen. Das betrifft nur, wer noch herkömmliche Tickets nutzt.

Die Zahl ist eigentlich ein Erfolg: Etwa 90 Prozent der regelmäßigen Nahverkehrs-Nutzer im Bereich des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr sind zum Deutschlandticket gewechselt. Für 49 Euro bundesweit Bus und Bahn im Nahverkehr nutzen, ist für viele Kunden verlockend! Für die Verkehrsverbünde in NRW indes ist das „D-Ticket“ ein Minus-Geschäft. Zu spüren bekommen werden das kommendes Jahr wahrscheinlich alle, die noch herkömmliche Tickets nutzen.

In der kommenden Woche wird der Tarifausschuss des VRR über die nächsten Preiserhöhungen entscheiden. Das Deutschlandticket wird womöglich 2024 nicht teurer werden, glaubt man beim VRR. Doch Einzel- und bestehende Monatstickets dürften dann deutlich mehr kosten - die Rede war im Vorfeld von 6 bis 10 Prozent mehr. >> Auch interessant:Deutschlandticket: Nur 25.000 „echte“ ÖPNV-Neulinge im VRR

Deutschlandticket beschert dem VRR 20 Millionen Euro Minus jeden Monat

„Der Verkauf von Einzel- und Mehrfahrtentickets ist durch das Deutschlandticket um rund 20 Prozent zurückgegangen“, sagt ein VRR-Sprecher. Bei den Monatstickets behaupte sich nur das „Ticket2000 9 Uhr“ auffallend gegenüber dem Deutschlandticket, sagt er: Jeder zweite Nutzer habe es behalten. Es kostet je nach Preisstufe zwischen 56,53 Euro und 145,85 Euro im Monat. Vorteil: Werktags nach 19 Uhr und an Wochenenden kann man bis zu vier Personen mit dem Ticket mitnehmen, das zudem übertragbar ist. Auch gilt die „Mobilitätsgarantie“ bei Verspätungen ab 20 Minuten, und die Fahrradmitnahme ist kostenlos. Das Deutschlandticket bietet das alles nicht.

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Auf 20 Millionen Euro beziffert der VRR seine Einnahmeverluste im Monat, verursacht durch das vergleichsweise günstige Deutschlandticket. Im benachbarten Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) ist von 15 Millionen Euro die Rede - monatlich. Geld, das Land und Bund den Nahverkehrsträgern ausgleichen müssen. >> Auch interessant:Trotz Deutschlandticket: Mehrheit meidet Busse und Bahnen

Tickets dürften 2024 deutlich teurer werden - das Deutschlandticket womöglich nicht

Aber warum sind es die ‘Alt-Kunden’ bei den Abo-Tickets und die Nutzer von Einzeltickets, für die Bus- und Bahnfahren 2024 deutlich teurer werden soll? Der diesjährige Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst, zu dem auch die kommunalen Nahverkehrsunternehmen zählen, und Preissteigerungen etwa für Strom und Diesel, haben laut des VRR-Sprechers „zu außerordentlich hohen Kostensteigerungen“ geführt, was „einen großen Einfluss auf die Tarifmaßnahmen im VRR (hat)“, sagt er.

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Doch es geht nicht nur um gestiegene Energie-, Personal- und Materialkosten, erklärt der VRS-Sprecher: Bei den Einzeltickets würden die Kunden seit eh und je anteilig die Kostensteigerungen tragen, so dass diese Produkte keine Auswirkung auf die Ausgleichszahlungen hätten, die Land und Bund beisteuern, damit der Nahverkehr sich trotzdem noch finanzieren lässt, sagt er. „Bei den Produkten, die durch das Deutschlandticket ersetzt werden, ist die Situation eine andere: Die Kostensteigerungen müssten über den Preis des Deutschlandtickets abgebildet werden, sagt er. Das bedeutet: „Wenn dieser Preis allerdings konstant bleibt, entstehen Mindereinnahmen, die über die Ausgleichszahlungen von Bund und Land ausgeglichen werden müssten.“ Doch da sehen sich die Nahverkehrsträger offenbar genötigt, auch von den Kunden der durch sie vertriebenen nicht bundesweit gültigen Tickets einen Beitrag zu fordern.

Fahrgastverband ProBahn NRW: Der Bund lässt die Verkehrsverbünde hängen

Zurzeit richten sich alle Blicke auf Berlin, heißt es beim VRR: „Bisher hat die Bundesregierung nur eine auskömmliche Finanzierung für das Einführungsjahr 2023 sichergestellt. Die Mindererlöse durch das Deutschlandticket werden womöglich ausgeglichen, jedoch müssen durch die Tarifmaßnahmen die massiven Kostensteigerungen abgedeckt werden“, sagt die Sprecherin.

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Für den Fahrgastverband Pro Bahn NRW ist es ein enormes Ärgernis, dass der Bund die Träger der Nahverkehrsangebote nach wie vor im Unklaren lässt, wie viel Geld aus Berlin denn für 2024 kommen wird, sagt Landessprecher Lothar Ebbers. „Wir müssen jetzt, im September, die Beschlüsse fassen“, macht er klar. Die neuen Ticket-Tarife dann in die technischen Systeme einzupflegen, „das dauerte mehrere Monate.“

Ob das Deutschlandticket tatsächlich auch im nächsten Jahr seinen Preis behält, ist unklar. Ein VRR-Sprecher sagt auf Anfrage, „wir gehen davon aus, dass das Deutschlandticket auch 2024 preisstabil bleiben wird.“ Ein Sprecher des NRW-Verkehrsministeriums sagt indes: „Die Länder und der Bund haben das D-Ticket im Mai 2023 zu einem Einführungspreis von 49 Euro eingeführt und sich darauf verständigt, wie bei anderen Tickets auch, eine jährliche Überprüfung des Tarifs vorzunehmen. Eine Aussage zur Preisgestaltung im nächsten Jahr ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.“