Düsseldorf. Viele Schüler in sozialen Brennpunkten erreichen Mindeststandards nicht. Der Unterschied zu Schulen „in begünstigter Lage“ ist größer geworden.

An Grundschulen in sozialen Brennpunkten in Deutschland erreichen laut einer neuen Auswertung besonders viele Kinder nicht die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik. Dabei sei der Unterschied zu Schulen „in begünstigter Lage“ noch größer geworden, teilte die Wübben Stiftung Bildung bei der Vorlage eines Impulspapiers am Dienstag in Düsseldorf mit.

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Als Schulen im Brennpunkt gelten Einrichtungen, die von besonders vielen sozial und wirtschaftlich benachteiligten Kindern besucht werden und zugleich mehr als die Hälfte der Schüler einen Migrationshintergrund aufweisen.

Brennpunkt-Grundschulen in NRW: Bereits vor Corona verfehlten mindestens 50 Prozent die Mindeststandards

In Nordrhein-Westfalen beispielsweise verfehlten demnach bereits 2018, also vor der Corona-Pandemie, an den am meisten belasteten 89 Grundschulen mindestens 50 Prozent der Mädchen und Jungen die Mindeststandards im Lesen - an den vier Schulen der höchsten Belastungsstufe waren es sogar über 80 Prozent. Neuere Ergebnisse aus dem Jahr 2021 bestätigten laut der Stiftung solche Erkenntnisse. Ähnliche Befunde hätten sich auch in Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gezeigt.

In NRW wird die soziale Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler (SuS) der Schulen über die vier Indikatoren Kinder- und Jugendarmut, nichtdeutsche Familiensprache, Migrationserfahrung sowie Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf abgebildet und zu einem Indexwert von eins bis neun zusammengefasst. In NRW besuchen derzeit rund 688.000 Mädchen und Jungen eine von knapp 2.800 Grundschulen.

Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung hat sich vergrößert

Die Resultate des Bildungstrends 2021 des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) zeigen den Angaben zufolge, dass sich der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards nicht erreicht haben, über alle Bundesländer hinweg erhöht hat - beim Lesen von 12,5 Prozent im Jahr 2016 auf 18,8 Prozent im Jahr 2021, bei der Rechtschreibung von 22,1 auf 30,4 Prozent und in Mathematik von 15,4 auf 21,8 Prozent. Außerdem habe sich der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung in Deutschland insgesamt vergrößert.

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Es dürfe nicht hingenommen werden, dass die Kinder an Schulen im Brennpunkt abgehängt werden, sage der Geschäftsführer der Wübben Stiftung, Markus Warnke. Es müsse dafür gesorgt werden, dass diese Schulen die notwendige Unterstützung bekommen. Für Schülerinnen und Schüler, die die formulierten Mindeststandards nicht erreichten, indem sie beispielsweise nicht ausreichend lesen und schreiben können, ergäben sich schwerwiegende Konsequenzen für ihren weiteren Bildungsweg, hieß es. Unter anderem könne ein erfolgreicher Übergang in die Sekundarstufe I gefährdet sein.

Strategien von Bund und Ländern müssten laut Stiftung mit mehr Nachdruck verfolgt werden

Strategien wie das geplante „Startchancen“-Programm von Bund und Ländern oder „Schule macht stark“ müssten mit erheblich mehr Nachdruck verfolgt werden, verlangte die Stiftung. Für Grundschulen im Brennpunkt biete sich eine Fokussierung auf die Förderung von Basiskompetenzen und Mindeststandards an, hieß es weiter. Einige erprobten bereits andere Lern- und Unterrichtsformen und setzten stärker auf die Förderung von Selbstlernkompetenzen, hieß es.

Für ihr Impulspapier zog die Wübben Stiftung Bildung nach eigenen Angaben wissenschaftliche Veröffentlichungen auf Basis des IQB-Bildungstrends und der Vergleichsarbeiten der Länder (VERA-3) in Zusammenhang mit dem Belastungsgrad der Schulen heran. (epd)