Düsseldorf. Wie lange darf in NRW eine Straße Hausbesitzern in Rechnung gestellt werden? Die SPD-Opposition erinnert Schwarz-Grün an einen Erlass.
Im Streit um die Erschließungsbeiträge, die Anlieger für den Bau ihrer Straße zahlen müssen, hat die SPD-Opposition im Landtag von Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) eine Klarstellung verlangt. Bis zur nächsten Ausschusssitzung am 15. September müsse die Landesregierung dem Parlament Bericht erstatten.
„Betroffenen Anliegern hatte sie eine Lösung zugesagt. Davon will sie jetzt nichts mehr wissen“, kritisierte SPD-Kommunalexperte Justus Moor am Sonntag. Wenn Scharrenbach keine rechtliche Klarheit schaffe, könnten Hausbesitzer für die Herstellung ihrer Straße im Extremfall noch zur Kasse gebeten werden, obwohl diese „teilweise über 100 Jahre alt ist“, so Moor.
Die große Streitfrage: Ab wann gilt eine Straße als fertig?
Erschließungsbeiträge werden fällig, wenn eine Straße gebaut wird und damit neue Grundstücke erschlossen werden. Anlieger können von den Kommunen für bis zu 90 Prozent der Herstellungskosten herangezogen werden. Es geht um Summen pro Haushalt von bis zu 25.000 Euro. Das Problem: Die Städte müssen den Erschließungsbeitrag erst nach „endgültiger Herstellung“ der Straße in Rechnung stellen. Genau dieser Zeitpunkt ist Auslegungssache.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine zeitlich unbegrenzte Erhebung von Erschließungsbeiträgen für verfassungswidrig erklärt hatte, sollte die Uhr für die Rechnung stellende Kommune spätestens ab der „Vorteilslage“ ticken. Das heißt: ab der normalen Befahrbarkeit der Straße, auch wenn sie offiziell noch nicht gewidmet ist. Langwierige Rechtsstreitigkeiten machen die Berechnung der Erschließungsbeiträge oft erst Jahrzehnte später möglich.
Schwarz-Grün hat die anwohnerfreundliche Gesetzeslage aufgeweicht
Schwarz-Grün hatte die anwohnerfreundlichen Verjährungsfristen der schwarz-gelben Vorgängerregierung zunächst aufgeweicht. Zugleich hatte sich Ministerin Scharrenbach im März jedoch im Landtag gegen „eine unendliche Abrechnungsmöglichkeit“ ausgesprochen und damals erklärt: „Nach 30 Jahren wird nicht mehr abgerechnet, auch wenn die Vorteilslage nicht eingetreten ist.“ Zudem kündigte sie einen Erlass an, der klarstellen sollte, ab wann die „Vorteilslage“ überhaupt erkennbar ist.
Doch der kam nie. SPD-Politiker Moor verlangt von Scharrenbach eine Klarstellung und macht selbst einen einfachen Vorschlag: „Wir halten weiter an der Lösung fest, dass 25 Jahre nach Baubeginn oder dem ersten Spatenstich keine Straße mehr abgerechnet werden können sollte.“
Immer wieder war es in NRW-Kommunen zu Problemen gekommen, weil Anwohnern eine hohe Rechnung für eine Straße zugestellt wurde, die sie seit Jahrzehnten für fertiggestellt hielten. Teilweise hatten Häuser bereits den Besitzer gewechselt. Eigentümerverbände halten die Argumentation der Kommunen ohnehin für wenig stichhaltig. Wenn es eine Stadt in 25 Jahren nicht schaffe, eine Straße fertigzustellen und die anfallenden Gebühren abzurechnen, sei sie es selbst schuld.