Düsseldorf. In NRW sind auffällig viele Lokführer und Zugbegleiter krank. Welche Gründe es dafür gibt und wie man an Entschädigung kommt.

Pünktlich zum Start der Sommerferien kommen die Bahnen vielerorts unpünktlich – oder auch gar nicht. Fahrgäste sind genervt, ein Ende der Probleme ist nicht in Sicht.

Wie war die Lage am Montag?

Wer die Webseite „Zuginfo NRW“ aufrief, konnte minutenlang scrollen: Auf drei Seiten standen etwa 30 Einträge zu Zugausfällen. Der am häufigsten genannte Grund: kurzfristiger Personalausfall. Beispiel: Die Linie RE 49 von DB Regio (Wesel – Oberhausen – Essen – Wuppertal).

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Weitere Beispiele für vorübergehende Zugausfälle wegen Personalmangels waren die Eurobahn-Linien RB59 von Dortmund nach Soest und RE3 von Hamm nach Düsseldorf sowie Linien von National Express wie der RE4 von Aachen nach Dortmund und der RE5 über Oberhausen, Duisburg und Düsseldorf.

Fahrgäste sollten sich tagesaktuell auf der Webseite „Zuginfo NRW“ informieren. Dort stehen auch Hinweise zu Baustellen.

Welche Baustellen beeinträchtigen die Bahn?

Die Sommerferien sind prädestiniert für Baustellen, weil dann weniger Berufspendler unterwegs sind. So ist zum Beispiel die Strecke zwischen Düsseldorf und Wuppertal bis zum 4. August dicht. Reisende müssen auf Ersatzbusse umsteigen. Betroffen sind die Linien S8, S28, S68, RE4 und RE13.

Auf der Strecke der Linie S6 zwischen Düsseldorf und Essen fahren bis zum 30. Juli keine Züge.

Wegen Weichen- und Kabelarbeiten für ein neues Stellwerk am Kölner Hauptbahnhof ist der Nah- und Fernverkehr bis zum 28. Juli in Köln stark beeinträchtigt. Betroffen sind die Linien RE 1, RE 5, RE 6, RE 8, RE 9, RE 12, RE 22/, RB 24, RB 26, RB 27, RB 38, RB 48.

Wie schätzt Pro Bahn NRW die Lage ein?

Der Fahrgastverband erklärt, dass der Personalmangel „deutlich zutage“ trete. „Die Kosten für die Verkehrsunternehmen sind gestiegen, die Personaldecke ist auf Kante genäht. Wenn nur ein paar Beschäftigte erkranken, fallen Züge aus“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Detlef Neuß auf Nachfrage. Angesichts der Kostensteigerungen im Zugverkehr durch Inflation und höhere Löhne müssten Politik und Verkehrsverbünde die Verträge mit den Bahn-Unternehmen dringend nachbessern. Viele Lokführer und Zugbegleiter erkrankten aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen, so Neuß.

Sommer-Baustellen seien unvermeidlich. „Die Bahn-Infrastruktur wurde lange auf Verschleiß gefahren, Versäumtes muss nachgeholt werden. Das ist wie bei einem Auto, das 15 Jahre nicht in der Inspektion war. Irgendwann bleibt es stehen“, sagt Neuß. Die Nachwirkungen des Sparkurses von Ex-Bahn-Vorstand Hartmut Mehdorn seien bis heute spürbar.

Der Verband befürchtet, dass neue Bahnfahrer, die das Deutschlandticket haben, unter dem Eindruck der Probleme das Abo nach kurzer Zeit wieder kündigen.

Wie reagieren die Verkehrsunternehmen?

Der Nahverkehr Westfalen Lippe und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr erklären, dass alle Verkehrsunternehmen in NRW erhebliche Personalprobleme hätten. Weitere Ursachen für Zugausfälle und Verspätungen seien Baustellen und Überlastungen der Infrastruktur.

Die Deutsche Bahn und National Express bestätigen die angespannte Personalsituation. Die Deutsche Bahn versuche, kurzfristig Ersatz für erkrankte Mitarbeiter zu finden. National Express teilt mit, dass vor allem die Linie RE4 in den kommenden Wochen betroffen sei. Beide Unternehmen betonen, dass es alternative Verbindungen gebe.

Welche Rechte haben Fahrgäste bei Ausfällen oder Verspätungen von Zügen?

Wenn der Zug ausfällt, können Fahrgäste den Ticketpreis zurückverlangen oder die Reise später mit einer anderen Verbindung fortsetzen. Kommt die Bahn mehr als eine Stunde zu spät am Ziel an, bekommen Fahrgäste 25 Prozent des Fahrpreises zurück; bei mehr als zwei Stunden 50 Prozent.

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Wenn die Bahn kurzfristig zum Stehen kommt, etwa wegen einer spontanen Streckensperrung, gibt es Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen. Wenn der Zug gar nicht mehr weiterfahren kann, muss das Bahnunternehmen für eine Unterbringung in einem Hotel oder in einer anderen Unterkunft sorgen.

Antrag auf Entschädigung läuft ins Leere? Schlichtungsstellen helfen gratis

Wer eine Entschädigung für einen verspäteten oder ausgefallenen Zug eingefordert hat, aber keine Rückmeldung erhält, kann sich kostenlose Hilfe bei Schlichtungsstellen suchen. Sie helfen Verbrauchern dabei, außergerichtliche Lösungen zu finden.

Fahrgäste reichen dafür ihre Beschwerde online ein. Juristen prüfen den Fall, treten mit dem Bahnunternehmen in Kontakt und machen einen Schlichtungsvorschlag. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) kümmert sich vor allem um Ärger beim Bahn-Fernverkehr, die Schlichtungsstelle Nahverkehr in NRW um ÖPVN-Probleme.