Düsseldorf. NRW ist darauf angewiesen, dass der Bund den Städten Milliardenschulden abnimmt. Doch hat Düsseldorf wirklich die Hausaufgaben gemacht?

Im Streit um den Abbau kommunaler Altschulden hat NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitag Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) attackiert. „Wir sollten angesichts der Tragweite dieses Themas auch mit Blick auf Zustimmung zur Demokratie jetzt gemeinsam an einer Lösung arbeiten - so wie es zugesagt war“, sagte Wüst vor der Landespressekonferenz in Düsseldorf.

Die schwarz-grüne Landesregierung habe sich bewusst an Lindners Forderungen gehalten, die dieser zur Voraussetzung für die Übernahme der Hälfte der Altschulden durch den Bund gemacht habe. „Deswegen sind die ersten Reaktionen des Bundesfinanzministers überraschend und enttäuschend“, so Wüst weiter.

NRW hat angekündigt, ab Mitte 2024 die Hälfte der kommunalen Altschulen von fast 20 Milliarden Euro in Landesschulden umzuwandeln. Damit soll etwa jeder zweiten der rund 400 Städte an Rhein und Ruhr geholfen werden. Die andere Hälfte des Altschuldenbergs soll der Bund übernehmen.

Lindner hatte sich das NRW-Modell etwas anders vorgestellt

Lindner hatte das NRW-Modell jedoch wegen falscher Anreize abgelehnt. Es entspreche nicht den Erwartungen des Bundes, dass Gemeinden, die gut gewirtschaftet haben, künftig schlechter gestellt werden sollen. Tatsächlich will die Landesregierung kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen, sondern den Schuldendienst bloß aus den etwa 460 Millionen Euro jährlich bezahlen, die ohnehin als Anteil aus der Grunderwerbsteuer bislang an die Kommunen ausgeschüttet wurden.

In vielen Städten und in den Reihen der Landtagsopposition ist seither von einem „Taschenspielertrick“ die Rede. Wüst wies die Vorwürfe zurück. Man garantiere schließlich den Betrag von jährlich 460 Millionen Euro, obwohl die Grunderwerbssteuer zurzeit rückläufig ist. „Wir packen das in einer Zeit an, in der das nicht besonders leicht ist“, sagte der Ministerpräsident. „Damit garantieren wir als Land einen hohen Festbetrag für Zins und Tilgung der Altschulden.“

Werden Gemeinden, die gut gewirtschaftet haben, schlechter gestellt?

CDU und Grüne stehen bei dem Thema unter hohem Druck. Im Koalitionsvertrag haben sie eine Lösung des Problems bis Ende 2023 zugesagt – sogar unabhängig von einer Beteiligung des Bundes. Im Entwurf des Landeshaushalts 2024 sind dafür aber keine nennenswerten zusätzlichen Mittel eingestellt. Wenn die Ampel-Koalition in Berlin nicht hilft, kann lediglich das Geld innerhalb der NRW-Kommunen neu verteilt werden, das ohnehin schon zugesagt war. Ein echter Schuldenschnitt wäre nicht möglich.

„Wir gehen damit in die Vorleistung, was das gesamte Thema Altschulden angeht – auch im Verhältnis zum Bund“, betonte Wüst dennoch. Nach jahrzehntelanger Untätigkeit der staatlichen Ebenen bei der Lösung des Altenschuldenproblems sei „der Schaden am allergrößten, wenn wir es jetzt nicht anpacken“. Vor allem Städte mit hohen Soziallasten können ihrer Verpflichtungen meist nur noch über kurzfristige Liquiditätskredite begleichen. Neben der Schuldenhilfe sollen bisherige Mittel zu einem „Investitionsprogramm“ über sechs Milliarden Euro neu gebündelt werden, mit dem die Kommunen in Eigenregie Klimaanpassungsmaßnahmen finanzieren sollen.