Düsseldorf. Von Diebstahl bis Vergewaltigung: Eine neue Statistik des Innenministeriums zu Delikten auf Schularealen sorgt für Aufregung.
Nordrhein-Westfalen verzeichnet einen deutlichen Anstieg an Straftaten in Schulen und auf Pausenhöfen. Das geht aus einer aktuellen Statistik des NRW-Innenministeriums hervor, die von der AfD-Landtagsfraktion abgefragt wurde. Demnach kam es im vergangenen Jahr zu 24.513 Delikten mit der „Tatörtlichkeit Schule“ – das bedeutet einen Anstieg um 22 Prozent gegenüber der letzten Vor-Corona-Statistik 2019.
In den meisten Fällen wurden Diebstähle (8096) angezeigt, gefolgt von Rohheitsdelikten wie Raub, Erpressung und Körperverletzung (6737). In 729 Fällen kam es zu Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, darunter sogar 22 Vergewaltigungen. 167-mal wurde sexueller Missbrauch von Kindern aktenkundig. Das Innenministerium wies daraufhin, dass nicht alle registrierten Fälle im Zusammenhang mit der jeweiligen Schülerschaft stehen müssten: „Straftaten auf dem Schulgelände oder im Schulgebäude werden auch außerhalb des Schulbetriebs unter der ‚Tatörtlichkeit Schule‘ erfasst.“ Insgesamt konnten 8299 Tatverdächtige ermittelt werden.
Viele Fälle an Schulen im Ruhrgebiet
Die meisten Fälle wurden beim Polizeipräsidium Köln (1410) bearbeitet, das neben der größten Stadt des Landes auch Leverkusen betreut. Hohe Zahlen verzeichneten auch Dortmund (924), das für Mülheim mitzuständige Präsidium Essen (883), Duisburg (869) sowie der Kreis Wesel (809). Auffallend positiv ist die Statistik in der zweitgrößten NRW-Stadt Düsseldorf mit nur 490 Fällen. Die landesweit wenigsten Straftaten gab es im Kreis Olpe (164).
„Sicherheit ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass unsere Schülerinnen und Schüler gut lernen und unsere Lehrkräfte guten Unterricht machen können“, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Die Landesregierung verfolge das Prinzip „Hinsehen und Handeln“. Feller verwies auf den neuen „Notfallordner“, der den Schulen soeben zugesandt worden sei. Darin befindet sich ein Interventionsteil mit einer genauen Ablaufplanung für die Schulleitung in verschiedenen Krisenfällen. Der Krisenpräventionsteil wiederum soll Lehrkräften Möglichkeiten aufzeigen, um Schülern in Fällen von physischer und psychischer Gewalt besser beistehen zu können.
Prävention braucht Zeit - Lehrer haben genau die nicht
Die steigende Gewaltbereitschaft und Jugendkriminalität ist nach Ansicht der Verbands Bildung und Erziehung (VBE) ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Schulen seien für diese Entwicklung ein Spiegel. „Jede Straftat ist eine Straftat zu viel – gerade im schulischen Umfeld. Denn Lernen und Lehren kann nur angstfrei gelingen“, sagte Stefan Belau, VBE-Vorsitzender in NRW. „Schulen benötigen Zeit, um wirksame Prävention und Beziehungsarbeit leisten zu können. Zeit ist aber die Ressource, die derzeit am spürbarsten fehlt – denn fehlen die Lehr- und Fachkräfte, fehlt die Zeit“, sagte Behlau dieser Redaktion.
Auch in den Schulen wird Gewalt zu einem wachsenden Problem, wie eine Umfrage des VBE unter mehr als 1300 Schulleitungen im vergangenen Jahr zeigte. Danach sei Gewalt gegen Lehrkräfte in Form von Beleidigungen, Bedrohungen, Cyber-Mobbing oder sogar körperlichen Angriffe an deutschen Schulen mittlerweile an der Tagesordnung. Noch immer verfüge nicht jede Schule über die notwendige Stelle in der Schulsozialarbeit, beklagt Behlau. Die Landesregierung sei aufgefordert, die Berufsfelder attraktiver und die Rahmenbedingungen besser zu machen.