Düsseldorf. Die Aufklärung des Solingen-Attentats wird von einem Streit um vertrauliche Akten überschattet. Das Verfassungsgericht entscheidet nun.
Die parlamentarische Aufarbeitung des Terroranschlags von Solingen mit drei Todesopfern wird von einem Rechtsstreit überlagert. Die Oppositionsfraktionen von SPD und FDP im Landtag haben am Mittwoch beim NRW-Verfassungsgerichtshof Klage wegen einer möglichen Verletzung ihrer Minderheitenrechte eingereicht.
Im Kern geht es um die Herausgabe von Akten und die Ablehnung von Beweisanträgen durch die schwarz-grüne Ausschussmehrheit. SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat warf den regierungstragenden Fraktionen vor, Aufklärung mit allen Mitteln verhindern zu wollen. „Die eklatante Verletzung unserer Minderheitenrechte durch die Ablehnung der Beweisanträge von SPD und FDP ist dabei der traurige Tiefpunkt der schwarz-grünen Verhinderungstaktik“, so Kapteinat.
Die Opposition war mit einem Vorstoß gescheitert, möglichst früh Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) in den Zeugenstand zu laden. Stattdessen werden zunächst allerlei Experten in dem Untersuchungsausschuss gehört. Streit gibt es überdies um die Herausgabe von internen Akten der Landtagsverwaltung. Aus ihnen soll hervorgehen, wie das Parlament mit der Landesregierung über den Anschlag kommuniziert hat.
Solingen-Anschlag: Warum tauchte die zuständige Ministerin so lange ab?
„Es ist ein Armutszeugnis, dass die von Ministerpräsident Hendrik Wüst versprochene volle Transparenz direkt im Verfassungsgerichtshof in Münster eingeklagt werden muss“, sagte FDP-Obmann Marc Lürbke. Der Untersuchungsausschuss verfolgt vor allem zwei Stränge: Wie konnte sich der Attentäter unbemerkt radikalisieren? Und: Warum tauchte die für die gescheiterte Abschiebung des Syrers verantwortliche Ministerin Paul nach der Tat tagelang ab?
Am 23. August hatte ein Syrer, der eigentlich längst nach Bulgarien hätte zurückgeführt werden müssen, auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen ermordet und mehrere Opfer schwer verletzt. Keine 24 Stunden später verfolgten die Ermittler bereits konkret die Spur des 26-Jährigen und forderten die Asylakte des Mannes an. Die zuständige Ministerin Paul will aber erst viel später davon erfahren haben.
Streit um geändertes Landtagsprotokoll
Zum Austausch mit der grünen Kabinettskollegin hatte sich auch Innenminister Herbert Reul (CDU) im Landtag missverständlich ausgedrückt und ein Protokoll nachträglich ändern lassen. Den Untersuchungsausschuss selbst hatten wiederum CDU und Grüne von sich aus überraschend schnell angekündigt - auch wenn der Ankündigung lange nichts folgte. Die Opposition will deshalb mehr über die internen Kommunikationswege zwischen Landtag und Landesregierung erfahren.
Untersuchungsausschüsse haben gerichtsähnliche Befugnisse und können Zeugen vernehmen sowie vertrauliche Regierungsakten einsehen.