Düsseldorf. NRW führt ab Januar die Bezahlkarte ein, aber Zweifel bleiben. Städte und Datenschützer konfrontieren das Land mit harten Argumenten.
Eigentlich ist die Sache klar: Nach monatelanger politischer Debatte und einem komplizierten länderübergreifenden Vergabeverfahren soll ab Januar die bargeldlose Leistungsvergabe zunächst in einem Pilot-Projekt in einer Landesflüchtlingsunterkunft gestartet werden. Bis Ende März werden dann alle Flüchtlinge in Landeseinrichtungen mit der Bezahlkarte ausgestattet. Anschließend können die Kommunen in NRW die Karte übernehmen.
Der Knackpunkt dabei ist die so genannte „Opt-Out-Regel“ für die Kommunen. Das bedeutet: Städte können sich auch gegen die Bezahlkarte entscheiden. Wie unbeliebt diese Regel innerhalb der „kommunalen Familie“ in NRW ist, ergab am Freitag eine Expertenanhörung im Landtag.
Kommunalverbände stellen klar: Wenn Bezahlkarte, dann bitte überall
„Unser gemeinsames Ziel sind gleiche und klare Regelungen des Einsatzes der Bezahlkarte in ganz NRW ohne Sonderwege und Ausnahmen. Die vorgesehenen Opt-Out-Regelungen verhindern eine einheitliche Einführung der Bezahlkarte“, schreiben der Städtetag NRW sowie der Städte- und Gemeindebund NRW in einer gemeinsamen Stellungnahme.
„Wenn der Bund sagt, die Bezahlkarte sei ein wichtiger Faktor, um Zuwanderung zu begrenzen, und diese Karte beschließt, dann kann es nicht sein, dass man es in NRW den Kommunen an die Hand gibt, dieses Mittel außer Kraft zu setzen“, sagte ein Vertreter des Städte- und Gemeindebundes im Landtag.
Der Landkreistag NRW sieht es ähnlich: Die Bezahlkarte müsse für alle zuständigen Leistungsbehörden verbindlich und flächendeckend festgelegt werden. Die „Opt-Out-Regelung“ sei abzulehnen. Der Landkreistag NRW erwartet außerdem, „dass Bund und Land die durch die Einführung der Bezahlkarte entstehenden Kosten übernehmen“.
Bedenken von Datenschützern und vom Landesjugendring
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz, Bettina Gayk, begrüßt dagegen ausdrücklich, dass der vorgelegte Gesetzentwurf den Kommunen die Möglichkeit eröffne, die Bezahlkarte nicht einzusetzen. Die Bezahlkarte führe zu tiefen Eingriffen in die Datenschutzrechte der Nutzer. „Es ist ein Gebot der Verhältnismäßigkeit, dass Behörden, die in ihrem Zuständigkeitsbereich keine Hinweise auf signifikanten Missbrauch bei der Verwendung der Leistungen haben, von dem Einsatz der Geldkarte absehen können“, so Gayk.
Der Landesjugendring befürchtet „erhebliche Nachteile und verstärkte Diskriminierung“ gerade für junge Geflüchtete durch die Einführung einer Bezahlkarte. „Die Bundesrepublik ist ein Bargeldland – vielerorts und vor allem in für Jugendliche im Alltag leicht zugänglichen Orten (zum Beispiel Cafés, Büdchen, Märkte oder Flohmärkte) ist das Bezahlen mit Karte also gar nicht möglich, falls junge Menschen ihre eigene Bezahlkarte überhaupt erhalten und ihre Leistungen nicht auf die Karte der Erziehungsberechtigten gebucht werden“. so der Verband.
Flüchtlingsrat NRW: „Geldzahlungen sind diskriminierungsfrei“
Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW rät dazu, an Geldzahlungen für die Geflüchteten festzuhalten. Dies stelle „den geringsten Verwaltungsaufwand und zudem die einzig diskriminierungsfreie Form der Leistungsgewährung dar“, sagt sie.