Berlin. Die USA geben der Ukraine freie Hand für Raketen auf Russland. Die Eskalation ist gut begründet – Taurus-Lieferungen wären es nicht.
US-Präsident Biden hat aus gutem Grund lange gezögert, der Ukraine den Einsatz weitreichender amerikanischer Raketen auch gegen Ziele in Russland zu erlauben. Völkerrechtlich gibt es keine Bedenken, sicherheitspolitisch aber ist es ein riskanter Balanceakt: So eskaliert nun der Westen den Konflikt. Niemand weiß, wie der russische Kriegsherr Putin reagiert – vieles ist denkbar, bis hin zu einem demonstrativen Atomwaffentest oder Sabotageaktionen gegen Waffenlieferungen.
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Aber dieses Risiko erscheint jetzt akzeptabler als bisher, denn entscheidend ist: Es war Putin, der diesen Angriffskrieg zuvor noch einmal eskaliert hat. Der Kremlherrscher wusste seit Monaten, dass Bidens Geduld zu Ende geht – und hat trotzdem den Druck auf die Ukraine erhöht: Putin lässt sich von seinem Diktator-Freund Kim nicht nur schwere Waffen, sondern auch tausende Soldaten aus Nordkorea als Verstärkung an die Front schicken, was dem Krieg eine neue, globale Dimension verleiht. Russland hat zugleich den Raketenterror gegen zivile Ziele in der Ukraine immens verstärkt, die Verteidiger sind in großer Bedrängnis. Dass Biden die Lage nun neu bewertet und ein Tabu bricht, ist nachvollziehbar.
Eine Taurus-Lieferung brächte Deutschland viel stärker in die Schusslinie
Muss deshalb auch die Bundesregierung umschwenken und deutsche Taurus-Marschflugkörper liefern? Nein, jedenfalls jetzt nicht. Der Taurus mit seiner relativ großen Reichweite wäre die einzige Waffe des Westens, mit der die Ukraine direkt und sehr präzise Ziele in Moskau angreifen könnte, den Kreml eingeschlossen; kurzfristig müssten auch deutsche Soldaten beim Einsatz helfen. Das wäre eine ganz andere, gefährlichere Qualität der Unterstützung als der US-Beitrag, es brächte Deutschland auch viel stärker in die Schusslinie.
Davon abgesehen ist der Westen gut beraten, seine Eskalationsschritte klug einzuteilen. Viel hat er nicht mehr nachzulegen, der Taurus könnte die Antwort auf weitere Zuspitzungen sein. Scholz sollte Putin daher ruhig wissen lassen, dass er sich diese Option offenhält. Sein bloßes „Nein“ ist vielleicht gut für den Wahlkampf, aber sicherheitspolitisch keine gute Taktik. Russland darf keinen Zweifel hegen, dass auch der Westen rote Linien hat.