Berlin. Der CDU-Chef drängt: Kanzler Scholz soll den Weg für eine neue Regierung frei machen. Eine Hängepartie „können wir uns nicht leisten“.
Friedrich Merz will nicht warten. Sein Ziel: Neuwahlen in der zweiten Januarhälfte. Der CDU-Chef drückt aufs Tempo, am Morgen nach dem Ampel-Bruch legt er Scholz seinen Zeitplan vor. Vertrauensfrage möglichst sofort, ein kurzer Winterwahlkampf und dann schnell eine neue Regierung. Die CDU-Gemeinde verbreitet bereits in der Nacht im Netz die Parole: „März? Merz!“
Die Unionsfraktion trifft sich an diesem Morgen bereits um 8 Uhr zu einer Krisensitzung. Friedrich Merz macht klar: Mit dem Sieg von Donald Trump kann sich Deutschland keine lange Hängepartie leisten. Die „US-Wahl wird die Welt verändern“, sagte er nach Teilnehmerangaben. Handlungsfähigkeit sei nun wichtig.
Am Donnerstagmittag trifft sich Merz mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie müssen reden – schon deshalb, weil Scholz jetzt keine Mehrheit mehr hat, das Land aber handlungsfähig sein muss. Einfach wird es für beide nicht – das Verhältnis zwischen Scholz und Merz ist mies. Am Morgen sandte Merz erst mal vergiftete Grüße ins Kanzleramt. Der Politikstil des SPD-Mannes sei schwierig, dessen Wutrede gegen Christian Lindner am Abend eines Kanzlers „unwürdig“. Wer nicht für ihn sei, sei gegen ihn. Die Union, warnte Merz, werde so nicht mit sich umgehen lassen. „Diese Geschichte macht er mit uns nicht.“
Merz macht klar, wo er Scholz helfen will – und wo nicht
Merz rammte gleichzeitig Pflöcke für die kommenden Wochen ein: Eine Aufweichung der Schuldenbremse werde die Union nicht mittragen. Ein Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik werde mit der Restregierung nicht klappen. Es ist eine klare Ansage Richtung Kanzleramt: Scholz hatte am Abend angekündigt, er wolle mit Merz über eine Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Verteidigungspolitik reden.
Auch interessant
An diesem Morgen sagt Merz noch einen bemerkenswerten Satz: „Die Ampel ist nicht gescheitert an der FDP allein.“ Grund sei das Fehlen einer gemeinsamen Regierungsbasis. Das Problem für Merz: Auch der CDU-Mann wird, sollte die Union die Wahl im kommenden Frühjahr gewinnen, Partner brauchen. AfD und BSW schließt Merz aus, die CSU schließt die Grünen aus. Sollte die FDP schwach bleiben, bliebe also nur die SPD. Das weiß auch Merz. Ein langer, harter Wahlkampf Merz gegen Scholz, Union gegen SPD, wäre da eher kontraproduktiv. Zumal: Jetzt steht Merz gut da, die Umfragen gehen nach oben. Doch niemand weiß, was in einigen Monaten ist. Merz will lieber Nägel mit Köpfen machen.
Konkret könnte es nach Merz‘ Vorstellungen so laufen: Scholz stellt spätestens Anfang kommender Woche die Vertrauensfrage im Bundestag – und würde erwartungsgemäß die Abstimmung verlieren. Der Bundespräsident werde dann innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen. In diesen drei Wochen könnten noch unbedingt notwendige Beschlüsse gemeinsam gefasst werden: „Wir sind selbstverständlich bereit, Gespräche zu führen, und selbstverständlich bereit, Verantwortung für unser Land zu übernehmen, wenn es solche Notwendigkeiten gibt.“
Merz trifft sich mit Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier
Ein schneller Wahltermin in der zweiten Januarhälfte ist für die Union eine Herausforderung – aber kein echtes Problem: Seit Monaten erklären die Macher im Adenauerhaus, dass sie bereit für Neuwahlen seien, immerhin ist es nicht die erste Ampel-Krise. Auch ohne Regierungskrise wollte Merz Anfang des Jahres ein Zehn-Punkte-Wahlprogramm vorstellen, auch das 100-Tage-Programm für die Zeit nach einer möglichen Regierungsübernahme ist längst in Arbeit.
Auch interessant
Neuwahlen in gut zwei Monaten? „Dafür reicht die Zeit, dafür reichen die Vorbereitungsarbeiten in allen Parteien“, betont Merz. „Es gibt überhaupt keinen Grund, noch bis ins Frühjahr zu warten.“ Nötig sei jetzt eine handlungsfähige deutsche Bundesregierung. Monatelang mit einer Minderheitsregierung plus monatelang Wahlkampf plus mehrere Wochen Koalitionsverhandlungen – „das können wir uns nicht leisten“.
Klare Rückendeckung bekam Merz am Donnerstag aus der Wirtschaft - viele große Verbände forderten schnelle Neuwahlen. Scholz dagegen wies Merz‘ Forderung nach einem knapp halbstündigen Gespräch zunächst zurück: Er werde Anfang des nächsten Jahres die Vertrauensfrage stellen, am Abend hatte er den 15. Januar genannt.
Am Nachmittag war ein Treffen von Merz mit Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier geplant. Es ist kein kurzfristig eingeschobener Termin, sondern eines der regelmäßigen Gespräche mit dem Staatsoberhaupt. Merz jedoch wollte es nutzen, um auch bei Steinmeier für mehr Tempo zu werben.