Düsseldorf. Laptops und Tablets in Schulen? Klar doch, sagten Bund und Länder einst. Jetzt sind sie entsetzt darüber, wie viel das kostet.
Auch wenn gerade viel über Smartphoneverbote an Schulen geredet wird, sollten Schulkinder in einem modernen Unterricht natürlich auch mit Tablets, Laptops und anderen „digitalen Endgeräten“ arbeiten. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war 2019 der „Digitalpakt“. Aber der ist längst Schnee von gestern. Wie es weitergeht, ist ungewiss. Bund und Länder streiten über eine Neuauflage des Paktes, und die Zeit läuft ihnen davon.
„Wir dürfen die Kommunen und Schulen nicht im Regen stehen lassen“
Die Computer, die Schulkinder und Lehrkräfte vor ein paar Jahren bekamen, und die zum Teil in der Pandemie im Distanzunterricht genutzt wurden, sind inzwischen alt, und ihre Wartung ist oft problematisch. Es müsste viel Geld in die Informationstechnologie (IT) an den Schulen investiert werden, aber Bund und Länder fürchten die hohen Kosten, weil sie chronisch klamm sind. Es geht um bis zu 6,5 Milliarden Euro zwischen 2025 und 2030. Der Bund will aber nur die Hälfte beisteuern, den Rest sollen die Länder zahlen.
Sabine Mistler, NRW-Vorsitzende des Philologenverbandes, warnt vor einem Scheitern des „Digitalpaktes 2.0“. „Wir dürfen die Kommunen und Schulen jetzt nicht im Regen stehen lassen“, sagt sie. Man könne nicht einerseits propagieren, wie wichtig digitale Bildungsangebote seien, wenn auf der anderen Seite kein Geld fließe. Die digitale Bildung sei heute schlicht „unverzichtbar“.
NRW-Schulministerin Feller dringt auf einen Kompromiss für den Digitalpakt 2.0
In dieser Einschätzung ist sich Mistler grundsätzlich einig mit NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Die Fortsetzung des Digitalpaktes sei „unerlässlich“, schreibt Feller in ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion zur „digitalen Ausstattung der Schulen in NRW“. Das Land setze sich nachdrücklich für eine Einigung ein.
Feller hält das Ergebnis des „Digitalgipfels“ von Bund und Ländern in dieser Woche in Frankfurt am Main für ernüchternd. Deutschland hinke international bei der Digitalisierung hinterher, das Gegensteuern sei eine „nationale Aufgabe“, und in den Schulen entscheide sich die „Zukunft Deutschlands“.
Bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz stehen die Schulen erst am Anfang
„Das Angebot, dass die Bundesregierung für einen Digitalpakt 2.0 vorgelegt hat, reicht nicht. Hier muss dringend nachgebessert werden, denn die Herausforderungen werden ja nicht kleiner. Bei der Nutzung von KI stehen wir gerade erst am Anfang“, sagte Feller dieser Redaktion.
Aber unternimmt NRW selbst genug für die Digitalisierung der Schulen? Fellers Antwort auf die FDP-Anfrage, die dieser Redaktion vorab vorliegt, fällt an dieser Stelle dünn aus. Die Kultusminister arbeiteten gerade an einer Empfehlung für IT-Mindeststandards für Schulen, heißt es. Und weiter: „Zu möglichen derzeit laufenden Pilotprojekten zur Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.“
FDP-Kritik: NRW zeige auf den Bund, unternehme aber selbst zu wenig
„Frustrierend“ nennt FDP-Bildungsexpertin Franziska Müller-Rech diese Sätze. „Anstatt mutig voranzugehen und die Zukunft der Bildung aktiv zu gestalten, versteckt sich Schwarz-Grün hinter schwammigen Empfehlungen und hofft auf eine Einigung zum Digitalpakt 2.0. So kann man doch nicht die Bildungschancen unserer Kinder aufs Spiel setzen.“
Schulkinder und Lehrkräfte benötigten in ganz Nordrhein-Westfalen klare und verbindliche Regeln für den Umgang mit Computern im Unterricht, findet Müller-Rech. Die Landesregierung zeige aber keinerlei Ehrgeiz, digitale Ungleichheiten zwischen den Regionen und den Schulformen auszugleichen. „Statt konkreter Maßnahmen bekommen wir nur leere Versprechungen zu hören.“
Die Länder erhöhen den Druck
Die Regierungschefs der Länder forderten am Freitag eine Verlängerung des Digitalpakts für Schulen. Mit der laufenden Vereinbarung seien von 2019 bis 2024 erhebliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Bildungslandschaft erzielt worden. Diese positive Entwicklung müsse „kontinuierlich und nahtlos weiterverfolgt werden“, heißt es in einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig. Der Bund müsse von 2025 bis 2030 mindestens 1,3 Milliarden Euro jährlich zur Weiterführung des Digitalpakts zur Verfügung stellen. Das Geld müsse in einem „bürokratiearmen Verfahren“ an die Länder verteilt werden. (dpa)
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) warnt derweil die Bundesländer vor einer Verzögerung des Digitalpaktes: „Die Zeit drängt“, sagt sie. Der Bund habe den Ländern ein faires Angebot gemacht. Sollten sie es ausschlagen, dann könne der Digitalpakt 2.0 nicht, wie geplant, im Januar 2025 an den Start gehen.
Am ersten Digitalpakt, der im Mai 2024 auslief, hatte sich der Bund seit 2019 mit 6,5 Milliarden Euro beteiligt. Damit finanzierte er 90 Prozent der Ausgaben für die Digitalisierung in den Schulen wie Laptops und digitale Tafeln. Die restlichen zehn Prozent wurden von den Ländern und den Städten getragen. Berlin will jetzt aber nur noch für 50 Prozent der Kosten aufkommen.
Philologenverband NRW: Mancherorts ist Digitalisierung noch nicht richtig angekommen
Sabine Mistler vom Philologenverband NRW erinnert die feilschende Runde der Bildungsministerinnen und -minister daran, dass Schülerinnen und Schüler in einer zunehmend digitalisierten Welt zurechtkommen müssten. Alle Schulen sollten über die gleiche digitale Ausstattung verfügen – ganz gleich, in welchem Teil von NRW sie sich befänden. „Der Digitalpakt 2.0 muss gewährleisten, dass Bildungsangebote unabhängig vom Standort oder den finanziellen Mitteln der Schulträger vergleichbar sind“, fordert Mistler. Leider seien heute Schulen in manchen Regionen viel besser ausgestattet als andere. „Zu einem guten und gerechten Bildungssystem gehört auch eine einheitliche digitale Infrastruktur“, meint Mistler.
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