Düsseldorf. Es klingt wie eine Glücksformel: 80 Prozent arbeiten, 100 Prozent Lohn. Eine Studie hat es überprüft. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.

Funktioniert eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich in der Praxis? Die Ergebnisse der ersten deutschen Pilotstudie zu diesem umstrittenen Thema legen nahe, dass nicht nur Beschäftigte, sondern auch Firmen von diesem Modell profitieren könnten.

„Die Vier-Tage-Woche führte zu einer signifikant positiven Veränderung der Lebenszufriedenheit, die sich hauptsächlich durch die zusätzliche Freizeit ergab“, sagte die Arbeitsforscherin Prof. Julia Backmann (Uni Münster) anlässlich der Vorstellung der Studie am Freitag im Landtag. Die Produktivität sei in vielen der 41 „Organisationen“, die bis zum Schluss der sechsmonatigen Studiendauer dabeiblieben, trotz der verringerten Arbeitszeit sogar noch gestiegen. Zwei von drei teilnehmenden Betrieben hätten angekündigt, bei der Vier-Tage-Woche zu bleiben.

So soll die Vier-Tage-Woche wirken: Ruhigerer Puls, mehr Bewegung, besserer Schlaf

Vergleichbare Studien mit teils ähnlichen Ergebnissen hat es zum Beispiel in Großbritannien, Portugal, Südafrika und Brasilien gegeben. Eine Besonderheit der deutschen Untersuchung war der Versuch, den Effekt für die Beschäftigten mit Gesundheitsdaten abzubilden. Es wurden Daten von Fitness-Trackern gesammelt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Studie trugen, zum Beispiel zu Pulsfrequenz, Schlafdauer und Schrittzahl. „Viele Beschäftigte hatten im Vergleich zu anderen in Vergleichsgruppen, die weiter fünf Tage arbeiteten, weniger Stress. Sie schliefen auch mehr und waren sportlich aktiver“, sagte Backmann.

Bilanz des Pilotprojekts zur Vier-Tage-Woche in Deutschland
„Viele Beschäftigte hatten im Vergleich zu anderen in Vergleichsgruppen, die weiter fünf Tage arbeiteten, weniger Stress. Sie schliefen auch mehr und waren sportlich aktiver“, sagte Prof. Julia Backmann in der Landespressekonferenz. Neben ihr: Carsten Meier von der Unternehmensberatung „Intraprenör“. © DPA Images | Fabian Strauch

Auf „Knopfdruck“ könne die Umstellung nicht gelingen, warnt der Initiator der Studie

Die Frage, ob in ganz Deutschland die Vier-Tage-Woche eingeführt werden könne, beantworteten die Forschenden nicht mit einem klaren Ja. „Das geht nicht auf Knopfdruck. Es setzt Veränderungen in der Arbeitsorganisation und bei der Arbeitskultur voraus“, erklärte Carsten Meier von der Unternehmensberatung „Intraprenör“, die die Studie angestoßen hat. Kürzere Besprechungen, konsequente Digitalisierung und die Einbeziehung der Beschäftigten in Entscheidungen zahlten sich aus.

Ein genauer Blick in die Studie lohnt: Viele Fragen bleiben nämlich offen

Die Studie stößt allerdings an Grenzen: Die meisten Teilnehmenden beschäftigen nur relativ wenige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: zwischen zehn und 250. Nur ein Drittel fuhr die Arbeitszeit um 20 Prozent runter, jede zweite Firma beließ es bei zehn Prozent. Einige führten einen festen, andere einen flexiblen freien Tag ein, wieder andere ließen mehrere Arbeitszeitmodelle zu.

In Wirtschaftskreisen sind die Vorbehalte gegenüber der Vier-Tage-Woche groß. Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber-Vereinigung BDA, Steffen Kampeter sagte: „Im internationalen Vergleich arbeiten wir Deutsche über das Jahr gerechnet schon heute mit am wenigsten.“ Das Institut der deutschen Wirtschaft erinnert daran, dass Arbeitszeit Angelegenheit der Tarifpartner sei. Zudem steige die Zahl der Rentnerinnen und Rentner rasant. Wenn Beschäftigte dann noch weniger arbeiteten, verschärfe sich der Fachkräftemangel.

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