Berlin. Die angespannte Lage der Krankenkassen dürfte sich auf Beitragszahler auswirken. Der „Schätzerkreis“ hat eine Empfehlung abgegeben.
Es war erwartet worden, jetzt wird es konkret: Viele gesetzlich Krankenversicherte müssen sich im kommenden Jahr auf spürbare Beitragserhöhungen einstellen. Experten des sogenannten Schätzerkreises haben errechnet, dass der durchschnittliche sogenannte Zusatzbeitrag im kommenden Jahr um 0,8 auf 2,5 Prozentpunkte angehoben werden muss, wie das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) in Bonn mitteilte. „Politico“ hatte zuvor berichtet.
Bei dem Schätzwert für das kommende Jahr handelt es sich allerdings nur um eine theoretische Größe. Wie sehr der Beitragssatz für die Versicherten wirklich steigt, entscheidet jede Krankenkasse für sich. Im Schätzerkreis sitzen Fachleute des Bundesgesundheitsministeriums, des BAS und des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Letzterer hatte bereits im September mitgeteilt, dass er für 2025 von mit einem Zusatzbeitragssatz von mindestens 2,3 Prozent ausgeht.
Krankenkassen: Das ist der Zusatzbeitrag
Konkret geht es um den Anstieg des sogenannten Zusatzbeitrages. Alle gesetzlich Versicherten haben den festen Beitragssatz von 14,6 Prozent – zur Hälfte getragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darüber hinaus erheben die aktuell 95 gesetzlichen Kassen zur Kostendeckung einen Zusatzbeitrag, der ebenfalls hälftig von beiden Seiten gezahlt wird.
Dieser lag im August durchschnittlich bei 1,78 Prozent, wie das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt hatte. Die Spanne bewegt sich laut einer ständig aktualisierten GKV-Liste im Moment zwischen 0,7 und 3,28 Prozent. Eine Kasse ist darunter, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.
Zusatzbeitrag: Bei einer Erhöhung haben Versicherte Sonderkündigungsrecht
Die Prognose des Schätzerkreises ist nach GKV-Angaben eine theoretische Größe, die sich aus dem Verhältnis von laufenden Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen insgesamt ergibt. Die Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2025 werden demnach mit 341,4 Milliarden Euro veranschlagt. Auf Basis dieser Schätzung gibt das Gesundheitsministerium bis zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das kommende Jahr bekannt.
Es lassen sich jetzt noch keine genauen Angaben zur tatsächlichen Höhe der Kosten für den Einzelnen machen. Rechnerisch würde eine Erhöhung um 0,8 Prozentpunkte bei einem Einkommen von 3.000 Euro brutto im Monat zwölf Euro weniger netto bedeuten - die anderen zwölf zahlt der Arbeitgeber. Erhöht eine Kasse den Zusatzbeitragssatz, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht.
Krankenkassen befinden sich in angespannter Lage
Die Kassen hatten schon Anfang September gewarnt, dass ihre Ausgaben im ersten Halbjahr noch stärker gestiegen seien als im ersten Quartal. Das Defizit sei auf mehr als zwei Milliarden Euro angewachsen und werde im Gesamtjahr bis zu 4,5 Milliarden Euro erreichen.
Für eine auskömmliche Finanzierung hätte der Zusatzbeitrag für das laufende Jahr im Herbst letzten Jahres nicht bei geschätzten 1,7, sondern bei zwei Prozent liegen müssen, kritisierte der GKV-Spitzenverband. Er hatte außerdem mitgeteilt, dass er für 2025 von einem Zusatzbeitragssatz von mindestens 2,3 Prozent ausgeht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilte in einer ersten Reaktion mit: „Das deutsche Gesundheitswesen ist das teuerste in Europa, weil es in vielen Bereichen
nicht effizient ist.“