Düsseldorf. Die Zweifel bei Thyssenkrupp am Grünstahl-Projekt in Duisburg haben eine Sondersitzung im Landtag beschäftigt. Ist NRW zu passiv?
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hat erneut an den angeschlagenen Thyssenkrupp-Konzern appelliert, das von Bund und Land hochsubventionierte Prestigeprojekt zur künftigen Grünstahl-Produktion in Duisburg weiterzuverfolgen.
„Ich bin überzeugt davon, dass der klimaneutrale Umbau von Thyssenkrupp Steel die einzige Lösung für das Fortbestehen des Unternehmens und damit zur Sicherung der Arbeitsplätze am Standort Duisburg sein wird“, sagte Neubaur am Donnerstag in seiner Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag.
Sie gehe weiterhin davon aus, dass das Projekt in der bisher geplanten Form umgesetzt werde. Bund und Land fördern den Bau einer sogenannten „Direktreduktionsanlage“ von Thyssenkrupp, die perspektivisch als Klimavorreiter Stahl mit Wasserstoff statt mit Kohle produzieren soll. Die Landesregierung gibt allein 700 Millionen Euro aus Steuermitteln – so viel wie noch nie in der NRW-Geschichte für eine Einzelförderung.
Thyssenkrupp-Förderung: NRW steht voll und ganz zu 700 Millionen Euro
„Wir stehen voll und ganz zu unserer Entscheidung“, betonte Neubaur. Das „Handelsblatt“ hatte zu Wochenbeginn über interne Dokumente zur Umstellung auf eine grüne Stahlproduktion berichtet, die zurzeit bei Thyssenkrupp diskutiert würden. Demnach soll Konzernchef Miguel López auch die Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Prestigeprojekt „Direktreduktionsanlage“ durchspielen lassen. Bislang ist schließlich unklar, wie grüner Stahl aus Duisburg zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden soll.
Neubaur mahnte, die Ängste von Tausenden Stahlkocher-Familien nicht unnötig zu befeuern: „Wir sollten die Sorgen, die wir alle hier uns machen, nicht in Mutmaßungen ausdrücken, die die Unsicherheit erhöhen.“ Es sei selbstverständlich, „dass wir als Fördermittelgeber erwarten und einfordern, dass hier mit der gebotenen Sorgfalt, Weitsicht und Fairness gehandelt wird“.
Die SPD-Opposition warf der Wirtschaftsministerin Passivität in der Krise vor. Neubaur verliere sich „in einer abwartenden Haltung und überlasst den Prozess allein dem Ergebnis der von Thyssenkrupp beauftragten Gutachten, wie es mit der Produktion von grünem Stahl weitergehen soll“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt.
Opposition in NRW fürchtet, dass die gesamte Wasserstoff-Strategie auf der Kippe steht
Neubaur verwies dagegen auf Rahmenbedingungen, die in Berlin und Brüssel gesetzt würden: Jetzt komme es im Bund und bei der EU darauf an, sich um wettbewerbsfähige Strompreise und Netzentgelte zu kümmern. Zudem trat sie dem Eindruck entgegen, mit der „Direktreduktionsanlage“, die langfristig einen Bedarf von 140.000 Tonnen Wasserstoff haben soll, stehe die gesamte grüne Transformation auf dem Spiel.
„Der Erfolg des Aufbaus der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und NRW hängt nicht an einem einzelnen Wasserstoffprojekt“, sagte Neubaur. SPD-Wirtschaftsexperte André Stinka zeigte sich hingegen alarmiert über den möglichen Wegfall des wichtigsten Abnehmers: „Ohne Thyssenkrupp als Wasserstoffnachfrager werden viele mittelständische Industrieunternehmen in NRW künftig in die Röhre gucken.“