Düsseldorf. Thyssenkrupp stellt offenbar das hochsubventionierte Grünstahl-Prestigeprojekt in Duisburg auf den Prüfstand. Das Land ist in Sorge.
Angesichts der Schieflage von Thyssenkrupp und der wachsenden Sorge um das hochsubventionierte Grünstahl-Projekt des Konzerns will der Landtag noch in dieser Woche NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) zum Rapport einbestellen.
Wie unsere Redaktion am Montag aus Parlamentskreisen erfuhr, hat die SPD-Opposition für Donnerstagmorgen eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses beantragt. Dort soll die Landesregierung darlegen, wie sie Lage bei Thyssenkrupp einschätzt und welche Absicherung für den Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes zur Dekarbonisierung der NRW-Industrie getroffen wurde.
„Scheitert die grüne Stahlproduktion in NRW, wäre es ein industriepolitisches Drama - und ein schwarz-grüner Offenbarungseid“, warnte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt gegenüber unserer Redaktion.
Ohne Thyssenkrupp als Abnehmer könnte Wasserstoff-Strategie in NRW kippen
Das „Handelsblatt“ hatte am Montag über interne Dokumente zur Umstellung auf eine grüne Stahlproduktion berichtet, die zurzeit bei Thyssenkrupp diskutiert würden. Demnach soll Konzernchef Miguel López auch die Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Prestigeprojekt „Direktreduktionsanlage“ durchspielen lassen.
Die Anlage soll perspektivisch als Klimavorreiter Stahl aus Wasserstoff statt Kohle produzieren und wird allein von der Landesregierung mit 700 Millionen Euro subventioniert. Es ist die höchste Einzelförderung der NRW-Geschichte.
Sollte der Bau der Produktionsanlage wirklich gestoppt werden, sieht die SPD nicht nur die Zukunft von rund 20.000 Stahlarbeitsplätzen an Rhein und Ruhr gefährdet. Auch die Wasserstoff-Strategie des Landes drohe hinfällig zu werden. Nach den bisherigen Plänen wäre der Konzern der mit Abstand wichtigste Wasserstoff-Abnehmer bundesweit. „Wendet sich Thyssenkrupp von der wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage ab, wird die auskömmliche und erschwingliche Wasserstoffversorgung für die meisten weiteren großen und vor allem mittelständischen Unternehmen diverser Industriebereiche in unerreichbare Ferne rücken“, heißt es im SPD-Antrag.
NRW-Wirtschaftsministerin Neubaur geht weiter von Direktreduktionsanlage aus
Wirtschaftsministerin Neubaur wollte sich nicht an den Spekulationen beteiligen und erklärte auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir gehen davon aus, dass Thyssenkrupp das von Bund und Land geförderte Projekt der Direktreduktionsanlage umsetzt und halten – ebenso wie die Arbeitnehmerseite – die aktuelle Diskussion für wenig hilfreich.“ Sie nehme gleichwohl zur Kenntnis, „dass bei ThyssenKrupp derzeit offensichtlich alles auf den Prüfstand gestellt wird“.
Zugleich machte Neubaur klar, dass das Land sich vorbehalte, „im Falle einer Nichtumsetzung des Projekts die Projektfördermittel in voller Höhe zurückzufordern“. Angeblich sind bereits 500 Millionen Euro von Bund und Land an Thyssenkrupp geflossen.