Berlin. Lange Zeit rankten sich Gerücht über die Herkunft des BSW-Budgets. Jetzt outen sich zwei Großspender. Ihre Sozialisation überrascht.
Drei erfolgreiche Landtagswahlen, dreimal ein zweistelliges Ergebnis: Es läuft für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das erst zu Beginn des Jahres die Parteigründung bekanntgab. Aus dem Stand stampfte die Partei um die Ex-Linken-Politikerin eine großangelegte Kampagne aus dem Boden. „Diplomatie statt Kriegstreiberei“, forderte Sahra Wagenknecht auf zahlreichen ostdeutschen Laternenmasten.
Doch wie konnte ihr das gelingen? Mit 1,4 Millionen Euro Startkapital reihte sich der neue politische Mitbewerber im Januar 2024 in das Parteienspektrum ein. Der Betrag sollte im Laufe des Jahres deutlich anwachsen, im Sommer waren es bereits 8,2 Millionen Euro. Mitgliedsbeiträge spielen allerdings kaum eine Rolle. Das BSW verfolgt ein strenges Reglement bei der Aufnahme von Neuzugängen. Zuletzt hatte die Partei nur 900 Mitglieder. Zum Vergleich: Die Grünen hatten zu Beginn des Jahres 130.000.
BSW-Großspender: Aus zweimal 20.000 wurden 5,1 Millionne
Doch bereits die Zusammensetzung des BSW-Startkapitals offenbart, wie die Partei ihr Geld anhäuft. 90 Prozent der 1,4 Millionen Euro sollen durch kleinere Beträge zusammengekommen sein. Und bereits im Januar 2024 sprach der Schatzmeister von einem „Ehepaar“, das allein 50.000 Euro spendete. Dabei sollten es Lotte Salingré und Thomas Stanger nicht belassen. Wie t-online berichtet, haben die beiden mittlerweile fast 5,1 Millionen Euro gespendet.
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In einer ZDF-Doku sprechen die beiden nun erstmals vor laufender Kamera über ihre Beweggründe. Zweimal 20.000 Euro habe man vor der Parteigründung gespendet. „Wir können auch mehr schicken“, hätten die beiden damals angeboten. Wochen später meldete sich Schatzmeister Ralph Suikat, und fragte: „War das ernst gemeint mit der Million?“
Früher waren sie links-grün: „Das war der große Bruch“
Sie meinten es ernst und unterstützten die Partei alsdann mit Millionen. Mitte März stammte laut ZDF die Hälfte des BSW-Budgets vom Ehepaar Stanger/Salingré. „Da jetzt kleckern ist Blödsinn, weil die Partei muss nach vorne“, so Stanger laut ZDF.
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Der 67-Jährige und seine 61-jährige Frau leben in einem Haus in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee. Dabei liebäugelten die beiden eigentlich immer mit Parteien, deren Ablehnung Parteigründerin Sahra Wagenknecht in Wahlkämpfen gerne zur Schau stellt: Ostermärsche, Anti-AKW-Demos und Permakultur auf einer spanischen Finca passen eher in ein grün-linkes Milieu, zu dem sich das Ehepaar laut ZDF auch immer bekannt hatte. Doch mit Russlands Einmarsch in die Ukraine und der damit verbundenen Zeitenwende kam „der große Bruch“ mit bisherigen Parteien, so Stanger.
Auf die Frage nach der AfD lacht der Großspender
Teilte Wagenknecht in ihrem Buch „die Selbstgerechten“ noch gegen Marotten „skurriler Minderheiten“ gegen eine angebliche Identitätspolitik linker Parteien aus, war es das „Manifest für Frieden“, das das Spender-Ehepaar vom BSW überzeugte. Wagenknecht und Feministin Alice Schwarzer hatten damals öffentlichkeitswirksam eine Petition für Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gestartet.
„Endlich mal wieder eine klare, starke Stimme für Frieden und Verhandlungen“, so Salingré im ZDF „Als auch die Linke gesagt hat, wir müssen Waffen liefern, gab es ja keine Partei mehr außer der AfD, die gesagt hätte, nee, machen wir nicht.“ Auf die Frage, ob die AfD nicht infrage gekommen wäre, lacht Stanger. „Definitiv nicht, nein“, antwortet seine Frau.
Ehepaar entlastet Vorwürfe der falschen Einflussnahme
Das Ehepaar gibt sich in der Dokumentation selbstlos, obwohl die beiden laut t-online-Recherchen den Spendenrekord einer Einzelperson in den vergangenen 20 Jahren aufstellten. Eigentlich wollte man inkognito bleiben, um keine Sonderstellung zu erhalten, so Stanger.
Doch mit ihrem Gang in die Öffentlichkeit entlastet das Ehepaar ihre Partei ein Stück weit von Vorwürfen, die dem BSW seit der Gründung anhängen. Die Spekulationen über die Herkunft des Parteibudgets reichten vom Kreml bis hin zu unterschlagenem SED-Vermögen.
Stanger gründete Unternehmen „in einer Garage“ – jetzt bezieht er Millionen
Parteispenden sind in Deutschland in unbegrenzter Höhe möglich, müssen ab 10.000 Euro aber über den Bundestag veröffentlicht werden. Zuletzt wurde die AfD für die Annahme illegaler Parteispenden verurteilt. Co-Vorsitzende Alice Weidel hatte insgesamt 132.000 Euro von einem Schweitzer Geldgeber angenommen. Das Parteiengesetz verbietet allerdings anonyme Spenden.
Stanger zufolge kann er die fünf Millionen nicht von der Steuer absetzen. Von seiner Bank habe er zunächst eine Bescheinigung einholen müssen, dass das Geld legal sei. „Und ja, es ist tatsächlich in Deutschland verdient, in Deutschland versteuert“, zitiert ihn das ZDF.
Stanger ist Unternehmensgründer und scheffelte mit seiner Firma „MA Lighting Technology GmbH“ Millionen. Für Events wie den Eurovision Song Contest oder Rammstein-Konzerte liefert sein Geschäft Steuereinheiten, Feuerwerk oder Konfettiregen. „Wir haben dieses Unternehmen in einer Garage aufgebaut. Und wir hatten offenbar einen guten Riecher“, so Stanger gegenüber „t-online“. Obwohl er selbst seit langem nicht mehr im operativen Geschäft tätig sei, wurden ihm und anderen Gesellschaftern allein 2022 15 Millionen Euro ausgeschüttet.