Washington. Kurz vor der Wahl wollen die Republikaner um Donald Trump in einem Bundesstaat das Gesetz ändern. Doch einer spielt nicht mit.

Die Umfragen zeigen es seit Wochen. Demokraten und Republikaner steuern am 5. November auf einen ultra-knappen Ausgang der US-Wahl zu. Weder Donald Trump noch Kamala Harris haben zum heutigen Zeitpunkt einen hindernisfreien Weg zu 270 Stimmen – zur Mehrheit im 538-köpfigen „electoral college“. Das bestimmt auf Basis der Wahlergebnisse im Dezember tatsächlich den/die 47. US-Präsidenten/-in. Und jede einzelne Stimme zählt…

Was das im politischen Mikrokosmos bedeutet, zeigt der erbitterte Kampf um einen unspektakulären Bundesstaat im Mittleren Westen: Nebraska. Die Heimat von Börsen-Dinosaurier Warren Buffett könnte im November das Zünglein an der Waage spielen, wenn Trump und Harris sich in einer Quasi-Patt-Situation von 269:268-Stimmen einpendeln. 

Das Zünglein an der Waage: Der Wahlbezirk Omaha II

Dahinter steckt eine Besonderheit, die von den 50 Bundesstaaten, wo schlicht nach dem Prinzip „Der-Gewinner-kriegt-alles“ verfahren wird, abweicht. Im traditionell tief roten, also republikanischen Nebraska werden die fünf zu vergebenden Wahlmänner für das „electoral college” teilweise nach Stimmbezirken verteilt. Das führte in der Vergangenheit etwa bei Barack Obama (2008) und Joe Biden (2020) dazu, dass vier „electors” an die Konservativen gingen – und einer an die Demokraten. Die haben im Stimmbezirk Omaha II gute Aussichten.

Der eine Bezirk kann bei der Wahl im November den Unterschied machen. 

Dazu muss man eine fundierte Spekulation mitgehen. Wenn Kamala Harris drei der sieben Battleground-States (Michigan, Wisconsin und Pennsylvania) holt, liegt sie bei 269 Stimmen. Die Einzelstimme aus Omaha würde sie zur Präsidentin machen. Auch wenn Trump die anderen vier umkämpften Swing States North Carolina, Georgia, Nevada und Arizona für sich entscheidet, wären nicht mehr als 268 Stimmen drin.

Lesen Sie auch: Albtraum im Wahlkampf: Trumps Liebling im Porno-Sumpf

Trump will Last-Minute-Änderung

So ein Wimpernschlag-Finale hat es noch nie gegeben. Aber Trump will kein Risiko eingehen. Also hat er seine Emissäre ausgeschickt, um die bundesstaatlichen Entscheider in der Hauptstadt Lincoln zu einer Last-Minute-Gesetzesänderung zu bewegen: Alle fünf Stimmen sollen bereits in diesem November dem zufallen, der den gesamten Bundesstaat gewinnt. Was aller Wahrscheinlichkeit Trump sein würde. 

Auch interessant: „Falscher Prophet“ Trump verliert gläubige Wähler an Harris

Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, antichambrierte Trumps Allzweck-Liebediener-Senator Lindsey Graham dieser Tage bei Nebraskas republikanischem Gouverneur Jim Pillen und örtlichen Honoratioren der „Grand Old Party”. „Ich will, dass das Gesetz geändert wird”, tönte Graham, „ich habe da keine Skrupel.“ 

Überläufer erteilt Vorstoß Absage

Um das zu schaffen, muss im Senat in Lincoln aber eine Super-Mehrheit von 33 Stimmen her, andernfalls scheitert das Projekt. An dieser Stelle kommt Mike McDonnell ins Spiel. Der State-Senator war bis zum Frühjahr Demokrat, ist dann aus Streit um die Abtreibungsfrage zu den Republikanern übergelaufen und wird seit Tagen wie ein Königskind hofiert, er möge seinen Widerstand gegen die Einführung des „The Winner takes all”-Prinzips aufgeben.

Aber McDonnell erteilte diesem Vorhaben am Montag endgültig eine Absage. „Nach reiflicher Überlegung ist mir klar, dass jetzt, 43 Tage vor dem Wahltag, nicht der richtige Zeitpunkt ist, um diese Änderung vorzunehmen“, ließ er US-Medien zufolge in einem Brief mitteilen. State-Senator Loren Lippicott, die die Initiative zur Gesetzesänderung in Nebraska vorgebracht hatte, gab sich daraufhin geschlagen. Er bezog sich auf Aussagen von Gouverneur Pillen, wonach dieser nur eine Sondersitzung einberufen wollte, wenn 33 Ja-Stimmen gesichert seien.

McDonnell hätte eigene Karriere gefährdet

Oberflächlich betrachtet, hätte es keinen seriösen Eindruck gemacht, wenige Wochen vor einer Wahl solch eine folgenschwere Entscheidung zu treffen, die einen großen Teil der über 485.000 Einwohner des Stimmbezirks Omaha II, von denen das Gros den Demokraten zuneigt, um ihren Einfluss gebracht hätte.

Hinter dem Vorhang gibt es noch andere Motive. Der frühere Feuerwehrmann McDonnell will die amtierende Bürgermeisterin von Omaha – die Demokratin Leirion Gaylor Baird – im nächsten Jahr beerben. Ein „Ja” zum Trump-Deal hätte sich negativ auf seine Ambitionen auswirken können.

Das könnte Sie auch interessieren: Trump-Attentat: Die fatale Fehlerliste des Secret Service