Düsseldorf. Reduzierte Öffnungszeiten, fehlende Betreuungsplätze, Träger in Finanznot: Die Schieflage der Kitas in NRW beschäftigt den Landtag.
Die Kita-Krise in Nordrhein-Westfalen mit reduzierten Öffnungszeiten, fehlenden Betreuungsplätzen und immer mehr Trägern in Finanznot lässt den Ruf nach einem millionenschweren Rettungspaket der schwarz-grünen Landesregierung lauter werden.
In zwei Expertenanhörungen des Landtags am kommenden Dienstag und Mittwoch will die Branche erneut eine alarmierende Lagebeschreibung liefern. „Der Deutsche Kitaverband ist überzeugt, dass in der derzeitigen Kita-Krise die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Nordrhein-Westfalen vor allem durch überfällige strukturelle Änderungen erreicht werden muss“, heißt es in einer Stellungnahme der Organisation, in der sich unabhängige freie Träger organisiert haben.
Die Freie Wohlfahrtspflege mit AWO, Caritas & Co. fordert derweil ein „ein Rettungspaket in Höhe von 500 Millionen Euro“, um kurzfristig Entlastung zu schaffen. Rund 80 Prozent aller Kitas in NRW werden von solchen nicht-kommunalen Trägern betrieben.
In NRW fehlen 110.000 Kita-Plätze
Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen aktuell rund 110.000 Kitaplätze in NRW. Zudem können selbst für die bereits vorhandenen rund 670.000 Plätze in den 10.700 Einrichtungen immer seltener die vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten garantiert werden. Es herrscht extremer Fachkräftemangel, so dass offenbar viele Belegschaften am Limit arbeiten. „In der Praxis sind die Auswirkungen dauerhafter Überlastung von Fachkräften an den zunehmenden krankheitsbedingten Ausfallzeiten unmittelbar ablesbar“, erklärt das Kita-Bündnis „Fröbel“. Zuletzt lag der Krankenstand landesweit beim Rekordwert von 8,4 Prozent.
NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) hatte zuletzt die tariflichen Lohnsteigerungen mit einer Erhöhung der sogenannten „Kindpauschale“ erstmals seit 18 Monaten wieder aufgefangen und eine Überbrückungshilfe von 100 Millionen Euro gewährt. Für viele Einrichtungen komme die nachgelagerte Anpassung jedoch zu spät, hieß es.
Angehende Erzieher werden überfordert und erleiden „Praxisschock“
Zentrales Problem bleibt die Fachkräftegewinnung. In NRW sind bereits knapp 120.000 Mitarbeiter mit einem fachpädagogischen Schulabschluss beschäftigt, doch es reicht noch immer nicht. Landesweit bilden zurzeit insgesamt 119 Berufskollegs rund 21.500 Schüler zu Erziehern aus. Knapp die Hälfte nutzt dabei die Variante der „praxisintegrierten Ausbildung“, die zumindest mit einem kleinen Lehrgeld bezahlt wird. Mehr Ausbildungsplätze sind aber nicht drin, weil den Berufskollegs die sozialpädagogischen Lehrkräfte fehlen.
Die Abbrecherquote bei den angehenden Erziehern liegt überdies bei 26 Prozent, in der vorbereitenden Ausbildung zur Kinderpflegeperson sogar bei 58 Prozent. Fachleute fordern bessere Löhne, um mehr Interessenten in den Beruf zu locken und die zusätzliche Vergütung der Ausbildungstätigkeit für die Kitas. Da Berufsanfänger bislang in den Mindestpersonalschlüssel eingerechnet werden, erlebten sie dort oft einen „Praxisschock“ und müssten Tätigkeiten übernehmen, die sie überfordern.