Düsseldorf. Seit Wochen bleibt Schwarz-Grün dem Landtag eine Antwort schuldig, wieviele ausreisepflichtige Gefährder und Straftäter es in NRW gibt.
Knapp vier Wochen nach dem Messer-Attentat von Solingen fordert die SPD-Opposition im Landtag von der schwarz-grünen Landesregierung endlich Klarheit über die Zahl der ausreisepflichtigen Gefährder und Straftäter in Nordrhein-Westfalen.
Eine entsprechende Berichtsanfrage für die Innenausschuss-Sitzung am nächsten Donnerstag (26.9.) war überraschend von der Tagesordnung gekippt worden. SPD-Innenexpertin Christina Kampmann protestierte dagegen bei der Ausschussvorsitzenden Angela Erwin (CDU). Der Behördenumgang mit schweren Straftätern und Extremisten nichtdeutscher Herkunft habe „einen klaren und eindeutigen Bezug zum Aufgabenbereich des Innenausschusses“, so Kampmann.
Abschiebungen: Ressortaufteilung in NRW immer umstrittener
Die Opposition vermutet, dass die Landesregierung verschleiern wolle, dass sie noch immer keinen Überblick hat. Innenminister Herbert Reul (CDU) verweist regelmäßig darauf, dass die Migrationspolitik in den Zuständigkeitsbereich seiner Kabinettskollegin Josefine Paul (Grüne) falle. „Ich habe die Daten wirklich nicht. Das ist auch gar nicht meine Zuständigkeit“, sagte Reul auf entsprechende Nachfrage in einer Krisensitzung des Innenausschusses am 29. August. Im April 2023 war eine vergleichbare Anfrage der AfD jedoch vom Innenministerium beantwortet worden.
Die Durchführung von Abschiebungen und Rücküberstellungen in andere EU-Staaten liegt in NRW seit 2017 nicht mehr in der Verantwortung des Innenministeriums. So kommt es regelmäßig zur bundesweiten Sondersituation, dass Reul vor Innenminister-Konferenzen (IMK) Informationen im grünen Flüchtlingsministerium einholen muss. Inzwischen wird diese Ressortzersplitterung von Experten als Fehler eingestuft.
Wüst hat nach Solingen Datei für Abschiebekandidaten angekündigt
Paul lieferte bislang keine Statistik, obwohl es diese nach ihrer Aussage geben soll. In der Innenausschusssitzung am 5. September wurde Reul erneut mit der Frage konfrontiert und sagte: „Die interessiert mich auch. Die hab‘ ich auch meiner Kollegin gestellt, genau nachdem wir das hier mal angesprochen haben. Und darauf hab‘ ich bisher keine Antwort kriegen können.“
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat im Rahmen eines großen Sicherheitspaktes vergangene Woche zur Verfahrenserleichterung „eine zentrale Übersicht der abzuschiebenden Personen“ angekündigt. Der Solingen-Attentäter Issa al H. aus Syrien war dem Verfassungsschutz zwar nicht als islamistischer Gefährder bekannt, hätte aber bereits vor einem Jahr das Land verlassen müssen. Eine organisierte Rücküberstellung nach Bulgarien scheiterte im Juni 2023 an schweren NRW-Behördenfehlern.