Berlin. Das Thema Elterngeld ist der Ampel-Koalition nicht mal mehr Streit wert. Das zeigt, was Familien von der Regierung noch erwarten können.

Nicht einmal einen ordentlichen Krach war ihnen die Sache wert. Dabei streitet die Ampel-Koalition eigentlich oft und ausgiebig, über alle möglichen großen und kleinen Themen. Doch die vereinbarte Reform des Elterngelds, die dafür sorgen sollte, dass die Ober- und Untergrenzen der Leistung zur Realität im Jahr 2024 passen, ist offenbar still und leise unter den Tisch gefallen.  

Dabei wäre eine Anpassung dringend nötig. Kaum eine andere Lohnersatzleistung, Sozialleistung oder anderweitige Unterstützung von Familien ist derart starr in ihrer Höhe. Das Kindergeld wird regelmäßig erhöht, fürs Bürgergeld gibt es einen Anhebungsmechanismus, der der Preisentwicklung Rechnung trägt, die Beitragsbemessungsgrenze steigt ebenfalls regelmäßig. Nur bei den Grenzbeträgen fürs Elterngeld bewegt sich nichts.

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Das sorgt dafür, dass ein wichtiges familienpolitisches Instrument nur begrenzt tun kann, was es soll. Denn das Elterngeld hat unter anderem den Zweck, Familien bei der fairen Aufteilung von Lohnarbeit und Arbeit zu Hause zu unterstützen und zu verhindern, dass die Person, die mit dem Kind daheim ist, in dieser Zeit finanziell vollständig abhängig ist vom anderen Elternteil. Und es soll Eltern dabei helfen, Nachwuchs in Empfang zu nehmen, ohne in finanzielle Not zu geraten.

Elterngeld: Eine Leistung, die für mehr Gleichberechtigung sorgen soll, zementiert so alte Strukturen

All das wird erschwert, wenn die Grenzbeträge die Realität von Inflation und Lohnentwicklung ignorieren. Denn von einem Euro kann man 2024 eben nicht mehr so viel kaufen wie 2007. Viele Familien müssen deshalb eine harte Rechnung aufmachen: Können sie es sich leisten, dass auch der Elternteil mit dem besseren Einkommen – meist der Vater – eine Weile zu Hause bleibt, wenn er das will? Oder wird die Lücke auf dem Konto dann zu groß? Eine Leistung, die eigentlich für mehr Flexibilität und Gleichberechtigung in Familien sorgen soll, zementiert so alte Strukturen.

Theresa Martus / Funke Zentralredaktion
Theresa Martus, bundespolitische Korrespondentin © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Dass sich daran trotz anderslautender Vereinbarung im Koalitionsvertrag aller Voraussicht nach nichts ändern wird, ist leider symptomatisch für die Familienpolitik der Bundesregierung. Die ausbleibende Dynamisierung der Grenzsätze reiht sich ein in eine Liste von verwandten Projekten, die mit ebenso wenig öffentlichem Echo den Weg in die Versenkung angetreten haben.

Die Ausweitung der Partnermonate etwa: Derzeit gibt es insgesamt 14 Monate Basiselterngeld für eine Familie statt nur 12, wenn der zweite Elternteil davon mindestens zwei Monate nimmt. Weil es häufig die Mütter sind, die nach der Geburt zu Hause bleiben, sind die Partnermonate als Anreiz für Väter gedacht, in den ersten Lebensjahren des Kindes ebenfalls mehr als nur einige Tage daheim zubleiben. Eigentlich wollte die Ampel dieses Konzept auf mehr Monate ausdehnen – passiert ist bislang nichts.

Von dieser Bundesregierung können Eltern nicht mehr viel erwarten

Oder, eine Nummer kleiner: der Plan, der den Namen „Familienstartzeit“ trug, auch bekannt als „Väterurlaub“. Zwei Wochen bezahlte Freistellung nach der Geburt sollten das werden für den zweiten Elternteil, um von Anfang an Mutter und Kind unterstützen zu können. Der entsprechende Gesetzentwurf hängt im Limbo der Ressortabstimmung fest.

Die Bundesregierung läuft damit ihrem eigenen Anspruch hinterher, Familien an sich und die partnerschaftliche Aufteilung von Arbeit fördern zu wollen. Angesichts von Koalitionspartnern, die ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl schon die Tage zu zählen scheinen, bis die „Übergangskoalition“ (Grünen-Chef Omid Nouripour) ihr Ende findet, wird sich daran wohl in dieser Legislatur auch nichts mehr ändern.