Berlin/Moskau. Der Deutsche Patrick Schöbel war monatelang in russischer Haft und schildert nach seiner Freilassung die Eindrücke aus dem Gefängnis.

Der beim Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen freigelassene Deutsche Patrick Schöbel hat den Zusammenhalt im russischen Gefängnis gewürdigt. „Die anderen Häftlinge waren unglaublich nett zu mir“, sagte er dem „stern“. Der Zusammenhalt sei „beeindruckend“. 

Die Insassen bekämen einmal pro Monat Pakete von ihrer Familie, mit Essen, Deo und anderen Utensilien, schilderte Schöbel dem Magazin. „Bald wussten alle, dass ich in Russland keine Familie habe, die mir Pakete schicken kann, und haben mich immer mitversorgt.“

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Patrick Schöbel: „Russland schickt Junkies als Kanonenfutter an die Front“

Mehrfach seien Männer vom Militär gekommen und hätten den Gefangenen einen Deal angeboten: Ein Jahr an der Front in der Ukraine kämpfen, dann werde der Rest der Haftstrafe erlassen. Genommen worden sei jeder – auch Drogenabhängige, die kaum mehr laufen konnten, berichtete der 38-Jährige. „Russland holt Junkies aus dem Gefängnis und schickt sie als Kanonenfutter an die Front.“ Er selbst lehnte ab.

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    Von dem Gefangenenaustausch, der ihn schließlich rettete, erfuhr Schöbel nach eigenen Angaben erst in letzter Minute. Noch im Flugzeug habe er gefürchtet, „vielleicht fliegen Sie uns ja auch in eine Strafkolonie nach Sibirien“. Erst als ihm jemand im Flugzeug seinen Reisepass aushändigte, habe er gedacht: „Alter, die lassen mich wirklich nach Hause!“ 

    In Deutschland wartete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Rollfeld, den der Freigelassene nach der Landung mit lockeren Worten begrüßte: „Moin, Herr Scholz, danke für Ihre Hilfe!“ Inhaftiert worden war der Hamburger am 16. Januar am Flughafen in Sankt Petersburg, weil er sechs Cannabis-Gummibärchen im Gepäck mit sich führte. Ihm drohten bis zu sieben Jahre Haft.

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    Bei dem Gefangenenaustausch hatte Russland am Donnerstag 15 Inhaftierte freigelassen, unter ihnen auch mehrere bekannte russische Oppositionelle. Auch die Freilassung eines in Belarus zunächst zum Tode verurteilten und später begnadigten Deutschen konnte erreicht werden. Im Gegenzug wurden acht russische Häftlinge und zwei Minderjährige, die Kinder von zwei der Freigelassenen, nach Russland ausgeflogen.

    Insgesamt sieben Staaten waren an dem Austausch beteiligt, eine zentrale Rolle spielte die Bundesregierung. Nach Angaben der US-Regierung war es entscheidend, dass Scholz der Freilassung des sogenannten Tiergarten-Mörders Vadim Krasikow aus deutscher Haft zustimmte. (AFP)