Düsseldorf. Seit Monaten warten Integrationsagenturen und Antidiskriminierungs-Büros auf Geld vom Land. Geht ihnen bald die Luft aus?
Weil die NRW-Landesregierung monatelang die finanzielle Unterstützung hinauszögerte, geraten rund 200 Integrationsagenturen und Beratungsstellen für Antidiskriminierung in ernste Bedrängnis.
NRW-Chef des „Paritätischen“ schäumt: „Das ist ein Armutszeugnis“
„Das ist ein Armutszeugnis und eine schlechte Handwerksarbeit des NRW-Integrationsministeriums“, sagte Christian Woltering, Vorstand des Wohlfahrtsverbandes „Der Paritätische“ in NRW, dieser Redaktion. Monatelang habe die Regierung diese Büros einfach in ihrer finanziellen Not „hängen“ lassen.
Inzwischen sei zwar eine Förderrichtlinie zur Finanzierung der Einrichtungen rückwirkend zum 1. Januar verabschiedet worden, aber die Anträge seien aufwendig, und mit ersten Zahlungen sei erst im Herbst zu rechnen. Viele kleinere Beratungsstellen stünden vor dem Aus, weil sie keine Reserven mehr hätten, warnt Woltering. NRW müsse schnell den Weg frei machen für Abschlagszahlungen oder Überbrückungshilfen.
Säulen der Integration in NRW
Die 171 Integrationsagenturen und 42 Beratungsstellen für Antidiskriminierungsarbeit in Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege sind zentrale Akteure der integrationspolitischen Infrastruktur in NRW. Täglich setzen sie sich für ein friedliches Zusammenleben der Menschen in NRW ein, unterstützen Flüchtlinge beim Ankommen in der Gesellschaft und beraten Menschen, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind.
Integrationskurse, Antidiskriminierungsberatung und vieles mehr steht auf der Kippe
Es geht um Büros in Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die zum Beispiel Sprachförderung anbieten und Bewerbungs-Trainings durchführen. Einer dieser Anbieter ist der „Planerladen“ in Dortmund, der schon seit mehr als 40 Jahren existiert. Der „Planerladen“ hilft Zugewanderten mit Integrationskursen, geht gegen Diskriminierung von Wohnungssuchenden vor und leitet Jugendfreizeitstätten.
„Viele Integrationsagenturen benötigen noch vor dem Ende der Sommerferien Abschlagszahlungen vom Land. Zum Teil herrscht in den Büros absolute Verzweiflung. Bitte machen sie die Durststrecke nicht noch länger“, appelliert Tülin Kabis-Staubach, Geschäftsführerin des „Planerladens“ an die NRW-Regierung. Gerade kleinere Einrichtungen seien nicht in der Lage, in die Vorfinanzierung zu gehen.
Landesregierung bestätigt die Probleme, will helfen -- aber Abschlagszahlungen gibt sie nicht
Das NRW-Integrationsministerium „bedauert“ die Probleme. In diesem Jahr habe die Förderrichtlinie erst mit einiger zeitlicher Verzögerung auf den Weg gebracht werden können, sagte eine Sprecherin. Das stelle die Träger der wichtigen Integrationsagenturen vor Herausforderungen. Die Regierung verspricht, dass die Anträge „schnellstmöglich“ bearbeitet würden. Sowohl das Ministerium als auch die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Bewilligungsbehörde stünden den Antragstellenden unterstützend zur Seite.
Gleichzeitig nimmt die Landesregierung den Büros die Hoffnung auf Sonderzahlungen: „Die Landeshaushaltsordnung NRW bietet für etwaige Abschlagszahlungen keine rechtliche Grundlage“, so das Integrationsministerium.
Soziales scheint auf der Prioritätenliste der Regierung nicht ganz oben zu stehen
Auch an anderen Stellen drohe NRW ein „sozialer Kahlschlag“, vermutet Christian Woltering. Wie der „Spiegel“ berichtete und Wohlfahrtsverbände bestätigen, plant die Landesregierung eine Kürzung der Mittel für die Wohlfahrtsverbände um zwei Millionen Euro. Dies ginge zum Beispiel zu Lasten der Aidshilfe, der Berufseinstiegsberatung, der Straffälligenhilfe und von Projekten für Menschen mit Behinderungen.
Zu Jahresbeginn beklagte die Freie Wohlfahrtspflege in NRW eine Ungleichbehandlung bei der Ausschüttung von staatlichen Lotterieeinnahmen.
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