Athen. Erdogan will zur Feier eine Armada von Kriegsschiffen auffahren. Zyperns Präsident hofft auf eine „für alle Seiten akzeptable Lösung“.

Für die einen ist es ein Freudentag, für die anderen ein dunkles Datum: Am Samstag begehen Türken und Griechen auf Zypern den 50. Jahrestag der Teilung ihrer Insel. Im griechisch besiedelten Inselsüden, der Republik Zypern, die seit 2004 zur Europäischen Union gehört, wird der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erwartet. Im anderen Teil der Insel, der Türkischen Republik Nordzypern (KKTC), die nur von Ankara anerkannt wird, hat sich Recep Tayyip Erdogan mit großem Gefolge angesagt.

Zur Feier der „Friedensmission“, wie man in der Türkei die Invasion nennt, will der türkische Präsident eine Armada von Kriegsschiffen vor der Küste Zyperns auffahren lassen. Aber trotz des martialischen Muskelspiels hoffen manche auf eine Annäherung. Öffnet sich nach einem halben Jahrhundert vielleicht doch noch ein Fenster zur Wiedervereinigung? Nikos Christodoulidis, Präsident der Republik Zypern, verspricht, bis zum Jahresende werde es „gute Neuigkeiten“ geben.

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Wenn man die zuletzt vor sieben Jahren gescheiterten Gespräche über eine Lösung der Zypernfrage wieder in Gang bringe, sehe er gute Aussichten auf eine „für alle Seiten akzeptable Lösung“, sagte Christodoulidis. Zyprische Medien sprechen bereits von der „letzten Chance“, die Inselteilung zu überwinden. Der Weg vom griechischen Süden in den türkisch besetzten Norden Zyperns führt durchs Niemandsland der Pufferzone. Zwischen verfallenen Villen und verwilderten Gärten steht das frühere Hotel Ledra Palace.

Zypern: Türkei beruft sich auf Rolle als Schutzmacht der Zyperntürken

Die Einschusslöcher in der Fassade erinnern an die Kämpfe während der türkischen Invasion vor 50 Jahren. Heute dient das mit Sandsäcken und Stacheldrahtverhauen gesicherte Gebäude als Hauptquartier der UN-Friedenstruppe. Die Verfassung, mit der die Kronkolonie Zypern 1960 von den Briten in die Unabhängigkeit entlassen wurde, sicherte der türkischen Minderheit gleiche Rechte. Sie machte 18 Prozent der Inselbevölkerung aus.

Doch Ende 1963 kam es zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen. Als im Sommer 1974 die damals über Griechenland herrschende Obristenjunta auf Zypern einen Putsch inszenierte, um die Insel zu annektieren, reagierte die Türkei mit einer Invasion und besetzte den Inselnorden. Sie berief sich dabei auf ihre Rolle als Schutzmacht der Zyperntürken. 1981 wurde die Türkische Republik Nordzypern ausgerufen. Seither sind alle Versuche einer Wiedervereinigung gescheitert.

Jetzt will Maria Angela Holguin, die Zypern-Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, einen neuen Anlauf versuchen. Die kolumbianische Diplomatin sondiert Möglichkeiten einer Annäherung. Im September könnte es am Rand der UN-Vollversammlung ein informelles Treffen der beiden Volksgruppenführer auf Zypern mit Vertretern der drei Garantiemächte Türkei, Griechenland und Großbritannien geben.

Zypern gilt als „unsinkbarer Flugzeugträger“ im östlichen Mittelmeer

Das Thema Zypern beschäftigte zuletzt auch Mitsotakis und Erdogan bei einem Treffen am Rand des Nato-Gipfels. Das Klima zwischen Athen und Ankara ist derzeit so entspannt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Eine Lösung der Zypernfrage würde die beiden zerstrittenen Nachbarn einander näher bringen. Damit wäre ein jahrzehntealter Konfliktherd an der Südostflanke Europas entschärft. Deshalb haben auch die EU und die Nato großes Interesse an einer Zypernlösung.

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Die Insel an der Schwelle zum Nahen Osten hat große sicherheitspolitische Bedeutung, sie gilt als „unsinkbarer Flugzeugträger“ im östlichen Mittelmeer. Eine Lösung der Zypernfrage könnte die Tür für einen Nato-Beitritt des Inselstaats öffnen. Aber noch sind beide Seiten weit auseinander. Der Zypernkonflikt ist eine der großen Hürden bei der Annäherung der Türkei an die EU. Deshalb müsste eigentlich auch die Türkei Interesse an einer Lösung haben.

Aber jüngste Signale zeigen, dass Zugeständnisse aus Ankara kaum zu erwarten sind. Die Militärpräsenz auf der Insel ist längst ein Teil der türkischen Staatsräson. Staatschef Erdogan erinnerte kürzlich in einer Rede vor Offizieren an die Ereignisse vor 50 Jahren. Wenn die türkischen Truppen damals nicht in der Mitte der Insel haltgemacht, sondern ihren Vormarsch fortgesetzt hätten, sagte Erdogan, „dann gäbe es heute kein Nord- und Südzypern, sondern Zypern würde uns ganz gehören“.