Straßburg. Kurz vor der Abstimmung über eine zweite Amtszeit kommt EU-Kommissionspräsidentin Kritikern entgegen – und sie skizziert große Pläne.

Im Streit um das Verbot für neue Verbrenner-Pkw hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Kompromiss angekündigt: Sie will Ausnahmen für sogenannte E-Fuels zulassen und dafür die europäische Gesetzgebung entsprechend ändern. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem die synthetischen Kraftstoffe eine Rolle spielten, erklärte von der Leyen in politischen Leitlinien für die kommenden fünf Jahre.

Diese Leitlinien legte von der Leyen am Morgen den Fraktionen des EU-Parlaments vor, wenige Stunden vor der Abstimmung über ihre erneute Kandidatur als Kommissionspräsidentin. Die Abgeordneten stimmen am Mittag über ein zweites fünfjähriges Mandat für von der Leyen ab. Sie braucht eine absolute Mehrheit von 361 der 720 Stimmen – die Wahl gilt als wahrscheinlich, aber nicht als sicher.  

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Der Streit um das Aus für neue Pkw mit Verbrenner-Antrieb belastet die Debatte um von der Leyens Wiederwahl. Die EU hat auf von der Leyens Vorschlag in der vergangenen Wahlperiode beschlossen, dass ab 2035 nur noch neue Pkw zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches CO2 ausstoßen – eine Auflage, die E-Fuels nicht erfüllen, auch wenn sie in der Gesamtbilanz klimaneutral sind.

Wissing: „Zukunft der Mobilität muss technologieneutral sein“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), einer der großen Kritiker des ursprünglichen Gesetzes, lobte von der Leyens Einlenken: „Die Zukunft der Mobilität muss technologieneutral sein. Ich freue mich, dass sich diese Überzeugung nun endlich auch in der Union und bei Ursula von der Leyen durchgesetzt hat.“ Der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), hatte das Verbrenner-Verbot ebenfalls massiv kritisiert und lobte nun ebenfalls von der Leyens Schritt: „Ich begrüße, dass die neue Kommission das Verbrenner-Aus überarbeiten wird und auf Technologieoffenheit setzt.“

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    In ihrer Bewerbungsrede vor dem EU-Parlament warb von der Leyen für ein „starkes Europa“ in einer Zeit großer Angst und Unsicherheit. Sie wolle dafür mit allen demokratischen Kräften im Europaparlament kämpfen, sagte sie und fügte hinzu: „Ich werde niemals akzeptieren, dass Demagogen und Extremisten unsere europäische Lebensart zerstören.“

    Von der Leyen kritisierte Moskau-Reise von Viktor Orban scharf

    Die Christdemokratin skizzierte Pläne für mehr Investitionen in Europa, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einen neuen Energiepakt, der die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen endgültig beenden und den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen soll. Von der Leyen forderte auch den „Aufbau einer echten europäischen Verteidigungsunion“ und drängte zu mehr gemeinsamen Verteidigungsinvestitionen. Zudem kündigte sie Pläne an, um faire Einkommen für Landwirte zu sichern.

    Von der Leyen schlug den Ausbau der Grenzschutzbehörde Frontex vor, die statt der bislang vorgesehenen 10.000 Beamte nun 30.000 Beamte bekommen soll. Die Zahl der Mitarbeiter bei der EU-Polizeibehörde Europol soll nach von der Leyens Vorschlag verdoppelt werden. Die Präsidentin kündigte für den Fall ihrer Wahl auch an, eigene EU-Kommissare für Wohnraum und für die Mittelmeer-Region zu berufen. Den ebenfalls neuen Posten eines Verteidigungskommissars hatte sie bereits im Wahlkampf vorgeschlagen.

    Scharfe Kritik übte von der Leyen an der Moskau-Reise des ungarischen Premiers Viktor Orban. „Diese sogenannte Friedensmission war nichts anderes als eine Appeasement-Mission“, sagte sie unter großem Beifall vieler Abgeordneter.

    NameUrsula von der Leyen
    Geburtsdatum8. Oktober 1958
    AmtPräsidentin der Europäischen Kommission
    ParteiCDU
    Parteimitglied seit1990
    Familienstandverheiratet
    WohnortBurgdorf-Beinhorn