Potsdam. In Brandenburg könnten AfD und die Partei Die Heimat auf Kommunalebene eine Fraktion bilden. Der Landesverband distanziert sich.
Drei AfD-Politiker wollen mit der rechtsextremen Partei Die Heimat in Brandenburger Kommunalparlamenten gemeinsame Fraktionen bilden – und sollen nun von der AfD ausgeschlossen werden. Dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz wurde die Bildung einer entsprechenden Fraktion mitgeteilt, wie eine Sprecherin sagte. Auch in der Stadt Lauchhammer im selben Landkreis soll es eine ähnliche Zusammenarbeit mit der Nachfolgepartei der NPD geben. Der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer will die insgesamt drei betreffenden Parteimitglieder ausschließen. Die Heimat steht auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD zu Organisationen, mit denen sie jede Zusammenarbeit ausschließt.
Im Kreistag Oberspreewald-Lausitz errang die AfD bei der Kommunalwahl kürzlich 16 der 50 Sitze. 2 dieser 16 Kreistagsmitglieder, die beiden AfD-Kommunalpolitiker Bernd Dietrich und Peter Gröbe, wollen nun zusammen mit dem Vertreter der rechtsextremistischen Heimat, Thomas Gürtler, eine neue Fraktion „Heimat und Zukunft“ bilden. Das sagte die Sprecherin des Kreises. Gürtler soll Vorsitzender werden. Der neue Kreistag tritt am 4. Juli erstmals zusammen. Die AfD in Brandenburg wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet.
AfD und Die Heimat: „AfDplus“ in Lauchhammer geplant
Auch in der Stadtverordnetenversammlung Lauchhammer im betreffenden Landkreis soll es künftig eine neue Fraktion des Heimat-Vertreters Gürtler mit den beiden selben AfD-Mitgliedern sowie einem weiteren AfD-Verordneten geben – unter dem Namen „AfDplus“. In Lauchhammer kam die AfD auf sechs Sitze und die Heimat auf einen. Zuvor hatte Die Heimat eine Mitteilung zu dem Thema veröffentlicht.
Der Brandenburger AfD-Landesvorsitzende Springer teilte mit: „Wegen der vorsätzlichen Verletzung von Mitgliederpflichten und des erheblichen Verstoßes gegen die Grundsätze der Partei werde ich ein Parteiausschlussverfahren gegen die drei Mitglieder anstreben.“ Man wolle auch auf juristischem Weg gegen den Namen „AfDplus“ vorgehen. Die Vorgänge hätten die Partei „sehr erschreckt“. Er sei davon ausgegangen, dass so etwas nicht möglich sei. Die Mandatsträger hätten „sicher nicht aus politischer Überzeugung, sondern aus einer gewissen Überforderung mit dem errungenen Mandat reagiert“.
AfD und „Die Heimat“: Gemeinsame Fraktionen in Brandenburg
In der Mittelung der „Heimat“ war das Vorhaben zuvor vollmundig angekündigt worden. Die Zusammenarbeit sei „ein Wendepunkt“, tönt die „Heimat“. Die gemeinsame AfD-Heimat-Fraktion in Lauchhammer werde dort nun zweitstärkste Kraft, angeführt von AfD-Mann Bernd Dietrich. Der Heimat-Abgeordnete Thomas Gürtler werde wiederum die Kreistagsfraktion anführen. Der wird zitiert, dass die Zusammenarbeit ein „Meilenstein“ sei. In Lauchhammer firmiere die Fraktion nun unter „AfDplus“, im Kreistag als „Heimat&Zukunft“.
Der Zusammenschluss der beiden Fraktionen wurde laut „Die Heimat“ von AfD-Chef Tino Chrupalla begünstigt. In der Mitteilung heißt es, er hätte gesagt, dass es „auf kommunaler Ebene keine Brandmauern zu anderen Parteien geben werde“.
Bemerkenswert ist ein älterer Vorgang, der auch hier eine Rolle spielen könnte: Denn Heimat-Abgeordneter Thomas Gürtler und AfD-Mann Bernd Dietrich haben in der Region eine gemeinsame Vorgeschichte, wie die „taz“ berichtet. Schon 2021 hatte die „Heimat“, da noch als NPD, eine ähnliche Pressemitteilung verschickt und eine neuartige Fraktion in Lauchhammer verkündet: seinerzeit von NPD und Pro Lauchhammer. Die Fraktion aber war denkbar klein. Sie bestand lediglich aus NPD-Mann Gürtler als Fraktionschef und Dietrich als Stellvertreter.
„Die Heimat“: Welche Ziele verfolgt die rechtsextremistische Partei?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft Die Heimat als rechtsextremistische Partei ein, die gegen die bestehende politische Ordnung agitiert und offen einen „fundamentalen Systemwechsel“ in Deutschland anstrebt (Verfassungsschutzbericht 2023). Als ideologisches Kernelement vertrete die Partei die Vorstellung einer ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“, heißt es weiter in dem Bericht des Inlandsgeheimdienstes. Mit Blick auf die radikalen Wurzeln der „Heimat“ ist die Einschätzung naheliegend: Auf ihrem Bundesparteitag im Juni 2023 in Riesa Sachsen gab sich die NPD den neuen Namen. Vorsitzender der Partei mit schätzungsweise rund 2800 Mitgliedern ist wie schon zu NPD-Zeiten der gebürtige Saarländer Frank Franz.
Programmatisch und ideologisch bleibt Die Heimat ihren Überzeugungen treu, heißt es im Verfassungsschutzbericht: Wie zahlreiche Funktionäre im Nachgang zur Umbenennung betonten, bedeute der Namenswechsel keineswegs eine Anpassung an das politische System oder eine inhaltliche Mäßigung. Das 2010 beschlossene NPD-Parteiprogramm bleibt demnach unangetastet.
Partei verbreitet verschwörungstheoretische „False-Flag-Thesen“
Der politische Stil der Partei lässt sich an ihrem Umgang mit dem Nahost-Konflikt ablesen. Die Heimat verbreitet migrationsfeindliche und verschwörungstheoretische Äußerungen wie eine „False-Flag-These“. Nach dieser soll Israel die Terrorangriffe der Hamas inszeniert oder zumindest absichtlich zugelassen haben, um eine militärische Intervention im Gazastreifen zu rechtfertigen. Allerdings: Während die Neue Rechte laut Verfassungsschutzbericht an Bedeutung gewinnt, sehen sich rechtsextremistische Parteien wie Die Heimat existenziellen Herausforderungen gegenüber, die aus organisatorischen Defiziten, einem Rückgang ihrer Mitglieder und lediglich lokaler Aktionsfähigkeit resultieren. Anfang des Jahres schloss das Bundesverfassungsgericht Die Heimat von der Parteienfinanzierung aus, weil sie als verfassungsfeindlich eingestuft ist. Die Partei ist zurzeit in keinem Landesparlament vertreten.
Seitens der SPD wurde die Kooperation scharf verurteilt. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast hat die Zusammenarbeit von AfD und der NPD-Nachfolgepartei Die Heimat in Brandenburg als „Schande“ bezeichnet. „Die AfD lässt ihre Maske fallen und offenbart ihre wahre Gesinnung“, sagte Mast dieser Redaktion. „Es ist eine Schande und ein alarmierendes Zeichen für unsere Demokratie, dass eine Partei im Bundestag sich derart radikalisiert und mit der NPD-Nachfolge-Partei paktiert.“
Mast kritisierte auch die AfD-Vorsitzenden: „Die Verantwortung dafür tragen nicht nur die Mitglieder dieser neuen Fraktion, sondern insbesondere die Parteispitze der AfD, die diese Entwicklung zulässt und fördert“, sagte die SPD-Politikerin. „Alice Weidel und Tino Chrupalla sind bereit, Demokratie und Freiheit zu opfern.“ Sie erwarte vom anstehenden AfD-Parteitag Ende des Monats „ein klares Stoppsignal, dass eine Kooperation mit Neonazis und ihren Parteien nicht geduldet wird“.
les/dpa