Düsseldorf. Neue Statistik da. Die Liquidätskredite von heute sind die Altschulden von morgen: In NRW setzt sich Drama der Kommunalfinanzen fort.
Die Finanzlage der nordrhein-westfälischen Kommunen wird immer dramatischer. Wie Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) jetzt auf Anfrage der SPD-Opposition bekanntgegeben hat, verfügten zum 31. Dezember 2023 nur noch 73 der 396 NRW-Kommunen über einen ausgeglichenen Haushalt. Laut Städte- und Gemeindebundes werden es zum Ende des laufenden Jahres sogar nur noch 24 sein. Vor fünf Jahren waren es noch 135.
258 Kommunen schafften den Haushaltsausgleich Ende 2023 nur noch, indem sie auf ihre Ausgleichsrücklage zurückgriffen. 36 Städte arbeiteten zum Zeitpunkt der Erfassung mit einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept, darunter etliche Ruhrgebietskommunen. Damit besteht vor Ort deutlich eingeschränkter politischer Gestaltungsspielraum.
NRW-SPD kritisiert „kommunalfeindliche Politik“
SPD-Kommunalexperte Justus Moor kritisierte eine „kommunalfeindliche Politik“ der schwarz-grünen Landesregierung. Bis 2028 werde mehr als ein Drittel aller Kommunen ihre Ausgleichsrücklage vollständig aufgezehrt haben, warnte Moor: „Sie sind dann eigentlich überschuldet.“
Für die Bürger macht sich die prekäre Finanzlage inzwischen deutlich bemerkbar. Während der Durchschnittsteuersatz bei der Grundsteuer B in Bayern zum 31. Dezember 2022 bei 352 Punkten lag, musste man in NRW-Kommunen einen Durchschnitt von 565 Punkten bezahlen, rechnet Moor vor. In einigen Kommunen sei die psychologische Grenze von 1000 Punkten bei der Grundsteuer inzwischen bereits überschritten, andere bereiteten den Durchbruch dieser Schallmauer aus nackter Finanznot vor. Von den 396 Städten haben 163 eine Erhöhung der Hebesätze schon beschlossen oder zumindest angekündigt.
Für die Landesregierung erhöht die Schieflage den Handlungsdruck. Mit der Aufstellung des Landeshaushalts 2025 sollen erstmals 250 Millionen Euro in den kommunalen Altschuldendienst fließen. Dieses Geld soll über eine Verpflichtungsermächtigung für die nächsten 30 Jahre fest im NRW-Etat reserviert sein. Damit würden zumindest 7,5 der insgesamt 20 Milliarden Euro an alten Verbindlichkeiten abgetragen. Wenn die Städte jedoch parallel immer neue Kredite auftürmen müssen, könnte der Effekt des Entschuldungsprogramms verpuffen.
Kommunale Altschuldenlösung könnte schnell verpuffen
Die Städte müssten aktuell neue Liquiditätskredite aufnehmen, weil sie sonst ihre Rechnungen und Gehälter nicht mehr zahlen können, warnte Moor: „Das werden die neuen Altschulden unter Hendrik Wüst sein.“ Die Landesregierung pocht derweil auf eine Bundesbeteiligung an der Entschuldung und wehrt sich gegen immer neue Entscheidungen der Ampel-Koalition, die von den Städten umgesetzt und so mitbezahlt werden müssen.