Berlin. In einer Rede verliest die AfD-Chefin eine angebliche Erklärung der Ministerin zur Tat. Die Menge johlt. Doch das Zitat ist gefälscht.

Dieser Verbalangriff ging ordentlich nach hinten los: Nach der Messerattacke in Mannheim hat die AfD-Vorsitzende Alice Weidel mit einem gefälschten Zitat der Bundesinnenministerin für reichlich Wirbel gesorgt. Auf X, vormals Twitter, verbreitete sie ihre Rede beim sogenannnten Pfalztreffen, wo sie vor AfD-Anhängern eine Erklärung, die angeblich von Nancy Faeser (SPD) stammte, verlas. Demnach bat die Ministerin darum, das Video von der Tat in Mannheim nicht weiterzuverbreiten, um die Persönlichkeitsrechte des Täters nicht zu verletzen. Weidel nannte dies „eine Schande“ und „widerwärtig“.

Der Kommentar zum Thema: Weidel sollte sich entschuldigen – aber bei der Richtigen

Die Pressemitteilung stammte jedoch nicht aus dem Innenministerium, sondern war frei erfunden und wurde verbreitet vom AfD-Politiker Reimond Hoffmann. In einem Beitrag auf X entschuldigte sich Weidel inzwischen dafür, dass „wir bei der Recherche einem Fake aufgesessen“ sind. Ihre Forderung, dass Faeser ihr Amt räumen solle, nahm Weidel jedoch nicht zurück. Im Gegenteil: „Der Tenor bleibt dennoch richtig“, schrieb sie. „Wer sich, wie Faeser, noch damit brüstet, ja schon immer vor solchen Tätern gewarnt zu haben, sie aber trotzdem unbehelligt gewähren lässt, der ist in diesem Amt fehl am Platz.“

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Das Ministerium reagierte empört auf die falschen Unterstellungen und das Eingeständnis Weidels: „Trotz Korrektur verbreitet sich die Falschinformation weiter“, hieß es in einer Erklärung auf X. „Wir wenden uns entschieden gegen Desinformation und gegen die Instrumentalisierung der furchtbaren Gewalttat in Mannheim. Das richtige Statement der Bundesinnenministerin war in vielen Medienberichten und von Nancy Faeser auf X zu finden.“ Soll heißen: Die gefälschte Pressemitteilung hätte einer kurzen Überprüfung nicht standgehalten. Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit teilte die Richtigstellung.

KI-Fake zu Mannheim: Urheber hat ihn als solchen gekennzeichnet

Tatsächlich wäre es ein Leichtes gewesen, den Fake als solchen zu erkennen. Hoffmann hatte ihn selbst als KI-generierten Text auf X ausgewiesen. „Ich bin ein treuer Bürger und möchte der Regierung helfen“, hatte er scherzhaft zu der gefälschten Faeser-Erklärung geschrieben. „Deshalb habe ich eine Pressemitteilung mit ChatGPT für Nancy Faeser geschrieben. Gerne als Vorlage für Mannheim.“ Der Beitrag wurde mehr als 12.000-mal angesehen.

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Hoffmann ist in der AfD kein Unbekannter. Der 37-Jährige war Mitgründer der Jugendorganisation Junge Alternative (JA), die vom Verfassungsschutz inzwischen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Er soll auch Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung haben. Heute ist er Schriftführer und Vorstandsmitglied in Weidels Landesverband Baden-Württemberg. Um den Text als Fälschung zu erkennen, hätte die Bundesvorsitzende also lediglich ihren Parteifreund kontaktieren müssen. Zudem war bereits am Freitag kurz nach 15 Uhr ein Statement des Ministeriums verschickt worden.

AfD: Umfrage zur Europawahl sieht die Partei nur noch auf Platz 3

In der Erklärung von Faeser hieß es wörtlich: „Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.“ Hoffmann hat sich bislang zu den Folgen, die sein KI-Fake für die eigene Parteivorsitzende hatte, nicht geäußert. Er verbreitet auf seinem Account aber auch weiterhin ein Video des Messerangriffs vom vergangenen Freitag, bei dem ein bekannter Islamkritiker schwer und ein Polizist lebensgefährlich verletzt wurden. Die Hintergründe der Tat sind nach wie vor ungeklärt.

Für die AfD kommt der Vorfall zur Unzeit. Eine Woche vor der Europawahl schwächelt die Partei auch wegen des Spionage-Skandals um einen Mitarbeiter des Spitzenkandidaten Maximilian Krah in den Umfragen massiv. Einer Vorwahlumfrage des Instituts Infratest dimap zufolge käme die AfD derzeit nach der CDU (29 Prozent) und der SPD (15 Prozent) nur noch auf 14 Prozent der Stimmen. Im Januar hatte die Rechts-außen-Partei laut einer Insa-Umfrage noch bei 23 Prozent gelegen.

NameAlice Elisabeth Weidel
Geburtsdatum6. Februar 1979
AmtAfD-Bundesvorsitzende
ParteiAlternative für Deutschland (AfD)
Parteimitglied seit2013
Familienstandeingetragene Lebenspartnerschaft, zwei Kinder
WohnortÜberlingen, Einsiedeln (Schweiz)