Berlin. Eine ukrainische Gruppe macht mit Karten den Kriegsverlauf transparent – mit riesigem Erfolg. Die Information ist bedingt unabhängig.
Der Kampf um die Ukraine ist auch – ein Informationskrieg. Berichte lassen sich vom Ausland aus kaum unabhängig prüfen. Über Gefechte, Bewaffnung, Kampfmoral, insbesondere über die Zahl der Opfer sind viele Falschinformationen im Umlauf. Für Beobachter ist vor allem eines unerlässlich: Auskunft über Truppenbewegungen, Frontverlauf. Also: verlässliche Karten in Echtzeit.
Das ist der Grund, warum viele westliche Medien sich auf die Website DeepStateMap.live stützen und ihre Karten in sozialen Netzwerken teilen. Von Monat zu Monat stiegen die Zugriffe. Bereits zum zweiten Jahrestag des Ukraine-Krieges wurde der Rekord von einer Milliarde geknackt.
Überraschungen eigentlich unmöglich
Die Macher von deepstate hatten den (Start)Vorteil, dass sie ihrer Karte aufgebaut hatten, bevor Russland sein Nachbarland überfiel. In der Notsituation wurde sie von vielen als Ressource geschätzt und genutzt, angeblich auch von Militärs. Vermutlich gilt das bis heute, obwohl die Kommandostellen auf Aufnahmen von Hunderten Drohnen und Satellitenbildern zurückgreifen.
Sie haben rund um die Uhr einen umfassenden Blick. So etwas wie einen großen Überraschungsangriff gibt es in diesem Krieg nicht. Eigentlich kann in dieser Auseinandersetzung keine umfassende Truppenkonzentation verborgen bleiben. Bevor eine neue russische Gruppe „Sewer“ nördlich von Charkiw die Grenze überschritt und vorwärts marschierte, wussten die Ukraine bereits, dass sie Kräfte zusammenführten und ihre Zahl nicht groß genug war, um die Großstadt einzunehmen.
Nur Informationen über Russen
Deepstate überprüft jede vermeintliche Jubelmeldung, also Nachrichten, Videos und Fotos. Erst dann wird die Karte aktualisiert –oder auch nicht. Die Macher stellen in einem eigenen Kanal auch Analysen auf, die wie im Verlauf der Sommeroffensive 2023 mitunter schonungslos ausfallen können.
Indes ist Deepstate eine einseitige Antwort auf die Frage nach dem Frontverlauf. Die Macher zeigen allein russische Stellungen. Der „Neuen Züricher Zeitung“ sagte Deepstate-Macher Roman Pohoril, „das ist unser Staat, und wir müssen ihn unterstützen.“
Angeblich gibt es keine direkte Verbindung zum Staat, Geld komme ausschliesslich aus Spenden (von wem eigentlich?) Pohoril und seine Mitstreiter haben mit Sicherheit Kenntnis von laufenden Operationen des ukrainischen Militärs, unterschlagen sie aber. Den Respekt vieler Fachleute erwarben sie sich trotzdem, weil sie russische Eroberungen nicht verschweigen. Damit steht und fällt die Glaubwürdigkeit. Für Zivilisten können die Informationen ebenfalls entscheidend, ja lebensrettend sein, etwa, um den Zeitpunkt für eine Flucht richtig einzuschätzen.
Einheiten, Quartiere, Flugplätze, Gebietsgewinne
Ihre Karten zeigen feindlliche Einheiten, Quartiere und Fluplätze. Besetzte Gebiete sind orange-rot markiert. Grau steht für „umkämpft“. Befreites Territorium ist grün, beziehungsweise blau, wenn das entsprechende Gebiet vor weniger als zwei Wochen befreit wurde. Es gibt drei Karten, die sich überlappen können, um die Topografie oder ein Satelittenbild einzublenden. Auch die Wetterlage kann man darüberlegen: Temperatur, Wind, Regen.
Warum die Seite millionenfach zurecht geklickt wird, zeigt sich gerade seit Beginn der russischen Charkiw-Offensive: Die Ukainer behaupteten, sie hätten den Angriff gestoppt – auf deepstate wuchs indes die graue Zone.
Das könnte Sie auch interessieren: Das Geheimnis der Raute: Symbol verrät Putins neue Einheit
Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt
- Historie: Liegt der Grund für den Ukraine-Krieg in der Geschichte?
- Putins Ziele: Warum Russland die Ukraine angegriffen hat
- Präsident: Wolodymyr Selenskyj ist Putins Feind Nr. 1
- Verteidigungsbündnis: Die Nato einfach erklärt – Warum sie für Putin ein Ärgernis ist