Berlin. Laut einem aktuellen Medienbericht hat die verurteilte Rechtsterroristin dem BKA neue Einblicke in das Innenleben des NSU gewährt.
Zwölf Jahre ist die Aufdeckung der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) her und noch immer verfolgen Fahnder neue Spuren. Nun führt eine Aussage der verurteilten Rechtsterroristin Beate Zschäpe gegenüber dem Bundeskriminalamt (BKA) aktuell zu einer Fahndung im Ausland. Die Behörden prüfen laut Informationen des „Spiegel“ potenzielle Unterstützer des Terrors, den Erwerb von Waffen durch den NSU und einen bisher unbekannten Zufluchtsort in der Schweiz.
Zschäpe sprach laut dem Bericht bei fünf Vernehmungsterminen im Zeitraum von August bis Oktober vergangenen Jahres ausführlich über die Zeit im Untergrund und ihre Komplizen. Unter anderem soll sie von Uwe Mundlos jahrelanger Beziehung mit einer Frau in der Schweiz berichtet haben, die zu langen Abwesenheiten Mundlos geführt haben soll. Da sie dort offenbar angab, sich nur an den Vornamen zu erinnern, versuchten die Ermittler auf Grundlage dessen die Identität der angeblichen Freundin festzustellen.
NSU: Neue Beweise führen in die Schweiz
Mit Unterstützung Schweizer Ermittler sollen sie auf eine Frau gestoßen sein, die jahrelang in der Schweizer Neonaziszene aktiv gewesen sein soll und enge Kontakte zum rechtsextremen „Blood and Honour“-Netzwerk und zur gewaltbereiten Gruppierung „Combat 18“ gepflegt haben soll. Bei einer Zeugenbefragung habe die Frau jedoch jegliche Verbindung zu Mundlos bestritten. Beweise dafür oder dagegen hätten die Fahnder nicht finden können.
Sollten die Schilderungen der verurteilten Rechtsterroristin zutreffen, könnte das ein ungelöstes Rätsel im NSU-Prozess lösen. Bis heute gibt es Lücken in der Aufklärung der Lebensgeschichten der verstorbenen Terroristen. Insbesondere beschäftige die Ermittler der ungewöhnlich niedrige Strom- und Wasserverbrauch in der letzten Versteck-Wohnung der Terrorzelle in Zwickau, Sachsen.
Während einer Reise in die Schweiz, so habe Beate Zschäpe den BKA-Beamten erklärt, sei Uwe Mundlos von einem sächsischen Neonazi namens Jan W. begleitet worden. Der Zweck dieser mehrtägigen Reise bleibt unklar. Im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht hatte Zschäpe den heute 49-jährigen W. bereits beschuldigt, an der Beschaffung einer Pistole für die Terroristen beteiligt gewesen zu sein.
NSU-Fall: Zschäpe liefert weitere Erkenntnisse
Neben den Hinweisen, die die Ermittler in die Schweiz geführt hätten, habe Zschäpe dem BKA laut „Spiegel“ außerdem neue Erkenntnisse über die Waffenbeschaffung und mögliche Helfer des NSU offenbart. Laut ihren Angaben habe ein Unterstützer dem NSU eine weitere Schusswaffe übergeben. Zudem habe die Terroristengruppe Zugang zu einer größeren Menge Schwarzpulver gehabt, das bei Versteckwechseln mitgenommen worden sei. Zschäpe behaupte, dass das Schwarzpulver allmählich verschwunden sei, möglicherweise weil Böhnhardt und Mundlos es verbraucht hätten. 2001 sei ein Sprengsatz in einem Lebensmittelladen in Köln platziert worden, und 1999 sei eine präparierte Taschenlampe in einer Nürnberger Gaststätte explodiert – beides Anschläge, die dem NSU zugeordnet würden.
Zschäpe habe in den Vernehmungen Angaben zum Motiv und zum Tatablauf des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn gemacht. Der Anschlag sei darauf ausgerichtet gewesen, an Polizeiwaffen zu gelangen, da die im Untergrund beschafften Pistolen nicht mehr zuverlässig genug gewesen seien. Mundlos solle auf den Kollegen Martin A. geschossen haben, während Böhnhardt auf Kiesewetter gefeuert habe, die dabei getötet worden sei, habe die verurteilte Rechtsterroristin ausgesagt. Böhnhardt habe ihr später erzählt, dass er am Tatort die Buchstaben „NSU“ hinterlassen habe, führte Zschäpe weiter aus. Ob ihre Aussagen glaubwürdig seien, werde weiterhin ermittelt.